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Unter dem Titel "Urchin of the Riding Stars" veröffentlichte die britische Autorin Margi McAllister im September 2005 den ersten Teil der Trilogie "The Mistmantle Chronicles", in welcher die Autorin die Tiere einer nebelumhüllten Insel zu ihren Protagonisten macht. Die deutsche Übersetzung "Urchin von den Sternschnuppen" folgte wenig später und erschien im März 2006 schließlich als autorisierte Hörbuchfassung, in welcher die Schauspielerin Rosemarie Fendel dem Hörer den fantastischen Auftakt der "Geschichte von Mistmantle" erzählt.
Es ist eine Sternschnuppennacht, als eine geschwächte Eichhörnchenmutter am Ufer eines Gewässers ihr Baby gebiert. Während die Eichhörnchenmutter die Geburt nicht überlebt, liegt das Junge einsam und verlassen unter freiem Himmel, aufgrund seiner auffällig hellen Fellfärbung weithin sichtbar. So kommt es, dass eine Möwe das junge Eichhörnchen für wehrlose Nahrung hält, es packt und mit ihm in den Klauen davonfliegt. Als die Möwe merkt, was sie da gefangen hat, lässt sie das hilflose Junge einfach fallen. Doch das Schicksal will es, dass das Eichhörnchenbaby keinesfalls auf harten und tödlichen Boden, sondern ins Wasser fällt. Dort wird es von den Eichhörnchen Crispin und Bruder Fir gefunden und zur nebelumwallten Insel Mistmantle gebracht. So wächst Urchin schließlich in Obhut der etwas einfältigen Apple zu einem jugendlichen Eichhörnchen heran.
Der Legende nach folgt jeder Sternschnuppennacht ein außergwöhnliches Ereignis, doch die Nacht, in der Urchin geboren wurde, zieht nichts dergleichen nach sich. War vielleicht Urchins Geburt selbst dieses außergewöhnliche Ereignis? Urchin jedenfalls träumt davon, etwas Besonderes zu sein und eines Tages vielleicht etwas wirklich Ungewöhnliches, etwas Aufregendes, etwas Heldenhaftes zu vollbringen. Das junge Eichhörnchen steckt gerade wieder einmal mitten in einer solchen Träumerei, als es von Crispin - der mittlerweile den Rang eines Captains am königlichen Hofe innehat - aufgesucht wird. Dieser erzählt ihm davon, dass er ihn einst am Ufer von Mistmantle gefunden hat, und möchte Urchin als Pagen in seine Dienste nehmen. Urchin kann sein Glück kaum fassen und sieht seine Träume schon Wirklichkeit werden, als Captain Crispin kurz darauf einer Intrige zum Opfer fällt und von Mistmantle verbannt wird. Als die Intrige den gesamten Hof zu spalten beginnt, entschließen sich Urchin und seine Freunde, sich der Bedrohung entgegenzustellen ...
Spätestens seit Brian Jacques Bestseller-Saga "Redwall" ist die Tierfantasy als Unterkategorie des Genres der Fantasy nicht mehr wegzudenken. Mit "Urchin von den Sternschnuppen" setzt die britische Autorin Margi McAllister die Tradition der Tierfantasy auf klassische Weise fort und präsentiert dem Leser - beziehungsweise Hörer - eine Geschichte, deren Handlungsträger allesamt tierischer Natur sind. Tiere jedoch, die - wie bereits die Tiere aus "Redwall" - eindeutig menschliche Züge haben: Sie verhalten und kleiden sich nicht nur wie Menschen, sie sprechen, handeln und leben auch wie solche. Missgunst und Intrigen sind den Tieren Mistmantles ebenso bekannt wie Liebe und Leidenschaft. Doch all das kennt die Tierfantasy bereits, all das wurde von verschiedenen Autoren schon einmal behandelt. Was dem ersten Teil der "Geschichte von Mistmantle" fehlt, das ist ein Element, das neuen Schwung in das Genre bringen, das den Funken zu einer frischen Art der Tierfantasy entzünden könnte. Dies ist jedoch nur ein kleiner Kritikpunkt, der der Erzählung lediglich ihren letzten Schliff gegeben hätte, denn auch so verpackt die Autorin das Altbewährte gekonnt in eine abenteuerliche Geschichte, in der es um Neid, Liebe, Freundschaft und Rivalität geht; eine Geschichte, die trotz ihres kindlichen Erzählstils beinahe als episch bezeichnet werden kann. Die Abenteuer, die das junge Eichhörnchen Urchin überstehen muss und die ihn den Weg des Helden gehen lassen, gestalten sich nicht nur spannend, sondern durch ihren leicht verständlichen Stil auch sehr flüssig und kurzweilig. Dadurch zeigt sich die Geschichte auch für jüngere Hörer geeignet, was jedoch kaum verwundert, bilden doch vornehmlich jugendliche Hörer und Leser die Zielgruppe dieser Erzählung.
Vorgetragen wird die Romanvorlage von der Schauspielerin Rosemarie Fendel, die sich sehr professionell zeigt. Mit ruhiger, gleichzeitig aber aussagekräftiger Stimme führt sie ihren Hörer durch die Geschichte um Urchin und Mistmantle und verleiht dabei nahezu jeder Figur einen individuellen Stimmencharakter. Dabei sind es vor allem die Protagonisten, die sich voneinander unterscheiden, doch auch die Randfiguren versieht die Sprechin mit nuancierten Tonmelodien. Dass man dadurch die einzelnen Charaktere allein an ihrer Stimmfärbung erkennen könnte, ist zwar sehr unwahrscheinlich - denn dafür ähneln sich die Stimmen dann doch zu sehr -, doch das ist in diesem Fall auch gar nicht nötig, denn dafür scheint sich Rosemarie Fendel lobenswert mit dem Text auseinander gesetzt zu haben. So variiert sie auch Tempo, Lautstärke und Intensität ihres Vortrages und passt diese den Geschehnissen der Handlung an.
Sichtliche Mühe hat sich Margi McAllister bei der Wahl der Namen für ihre Charaktere gegeben: All ihre Figuren tragen sogenannte sprechende Namen, Namen also, die einiges über den Charakter oder über das Verhalten einer Person aussagen. Dass diese nicht übersetzt wurden, stört dabei kaum, denn der Hörbuchbox liegt ein Booklet bei, das eine fragebogenartige Übersicht samt Illustrationen von fünfen der Hauptcharaktere sowie ein Namensglossar enthält - und das ist wirklich herausragend gelungen. Metaphernreiche, farbenfrohe Erklärungen verdeutlichen dem Hörer nicht nur die deutsche Bedeutung der wunderschönen sprechenden Namen, sondern geben vor allem jüngeren Hörern zudem die Möglichkeit, sie richtig auszusprechen. Einer der zahlreichen gelungenen Texte, die man an dieser Stelle beispielshalber anführen könnte, ist die Information über Lady Aspen: "Der Name Aspen wird "Äspen" oder "Espen" ausgesprochen - und schon kennt man seine Bedeutung: Aspen ist eine Espe. Ein Baum, den man auch Zitterpappel nennt, mit kleinen zarten Blättern, die im Wind schillern wie tausend Vögel. (Ihr kennt sicher den Ausdruck: "Zittern wie Espenlaub".) Und ebenso schillernd und zart ist Lady Aspen."
Neben solcherlei bezaubernden Erklärungen gestalten sich die Kurzübersichten zudem häufig auch noch sehr humorvoll, wodurch der Hörer gar nicht umhin kommt, sich dem Booklet zu widmen und die Beschreibungen allesamt durchzulesen - Englischkentnisse hin oder her. Da heißt es zum Beispiel bei der Erklärung des Namens "Thripple": "[...] Das englische "Th" ist eine Sache für sich - also Zunge zwischen die Zähne und durch -, aber mit einem "r" hinten dran wirds noch schwieriger. (Am besten irgendwie durchnuscheln.) [...]"
Dem Texter oder der Texterin des Namensglossars gebührt damit besonderes Lob, denn dadurch wird das zwölfseitige Booklet zu einer zwar dünnen, aber auch sehr unterhaltsamen Beilage.
Fazit:
"Urchin von den Sternschnuppen" zeigt das Genre der Tierfantasy zwar in einem altbekannten Gewand, ist aber dennoch ein gelungenes Hörbuch. Spannend und aussagekräftig von Rosemarie Fendel vorgetragen, wird der erste Teil der "Geschichte von Mistmantle" vor allem für jüngere und jugendliche Hörer zu einem unterhaltsamen Abenteuer. Eine überaus nette Beilage ist das Booklet der Hörbuchbox, das mit äußerst gelungenen Texten aufwarten kann.