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 The Descent

Abgrund des Grauens


Cover
Gesamt ++++-
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Ein Jahr nach dem tragischen Tod ihres Ehemanns und ihrer Tochter trifft sich Sarah mit fünf Freundinnen, um in Amerika auf einen Caving-Trip zu gehen und so vielleicht ihr Trauma bekämpfen zu können.
Die sechs erfahrenen Extremsportlerinnen steigen in das Höhlensystem herab, das sie für verzeichnet und bekannt halten. Doch nachdem ein Einsturz sie in dem Labyrinth einschließt, gesteht ihre Führerin Juno, sie in ein völlig neues, unbekanntes Höhlensystem geführt zu haben.
Der einzige Weg für die Frauen ist nach vorne - doch sie sind nicht die einzigen Wesen dort unten. Sarah erhascht immer wieder kurze Blicke auf unheimliche Kreaturen, von denen sich schon bald herausstellt, dass sie nicht freundlich gesonnen sind.
Aus dem Abstieg in die Höhle wird ein Abstieg in blanke Angst, in Wahnsinn, in einen brachialen Kampf um das nackte Überleben unter Tage.


Im Jahr 2005 gab es im Kino keine extremere, reinere Horrorerfahrung als den britischen Schocker "The Descent", ein Film, der den Zuschauer an seine Grenzen führt. Regisseur Neil Marshall, Genrefreunden durch den Werwolfstreifen "Dog Soldiers" bekannt, setzt den Zuschauer völliger Dunkelheit, klaustrophobisch engen Gängen und alptraumhaften Situationen am laufenden Band aus und erschreckt sie nebenbei immer wieder zu Tode, lässt dabei aber eine psychologische Komponente der Marke "Shining" nicht aus. Die Angst vor der Dunkelheit und dem Unbekannten wird in "The Descent" so effektiv inszeniert wie kaum zuvor: Selten ist der gesamte Bildschirm zu sehen, meistens werden nur kleine Bereiche von den armseligen Lampen der Akteure beleuchtet - im Dunkeln könnte sich alles verbergen. Durch gezielt gestreute Schockmomente wird der Zuschauer außerdem dermaßen beunruhigt und verunsichert, dass die klammhafte Atmosphäre ihn nie loslässt, der Effekt, dass man die Zeit unter Tage schlecht einschätzen kann, tritt ebenfalls noch ein.
Dennoch ist "The Descent" weit davon entfernt, der normale, auf billige Schocks ausgerichtete Teenie-Horrorfilm zu sein, der das amerikanische Kino aktuell dominiert und möglichst noch das Remake eines älteren Streifens ist. "The Descent" ist ganz im Gegensatz ein sehr reifer Film. Die Entscheidung, ausschließlich erwachsene Frauen in den Hauptrollen zu besetzen, ist sehr zu begrüßen, weil sie allein bereits eine Menge Klischees umschifft. Statt eines fetzigen Soundtracks aus Nu-Metal- und Crossover-Stücken gibt es einen echten, schaurig-guten Score. Die im letzten Drittel des Films extreme Gewaltdarstellung ist ebenfalls nichts für Jüngere, aber auch nicht reiner Selbstzweck, sondern Ausdruck von Wahnsinn und dem unbedingten Willen zu überleben - zwei Agendas, die in "The Descent" interessant gegenüber gestellt werden, arbeiten die beiden doch gegeneinander und kann man sich schon bald nicht mehr sicher sein, vor wem man mehr Angst haben sollte: vor den unheimlichen Höhlenbewohnern oder den Frauen selbst. So nimmt die minimalistische, dialogarme und wegen der Dunkelheit später leider sehr unübersichtliche Geschichte einige überraschende, untypische Wendungen, die in ein krasses Finale und einen faszinierenden Schluss enden, über den man prima diskutieren kann.
In der aktuell eher drögen Landschaft des Horrorfilms ist "The Descent" eine regelrechte Perle - der furchteinflößendste Film seit Jahren, ein Streifen, der sich ernst nimmt, auf auflockernde Selbstironie völlig verzichtet, sich in der Tradition der ganz großen Horrorklassiker sieht und den gekonnten Schuss Tiefen-Psychologie mitbringt - im wahrsten Sinne des Wortes. Für diesen Film braucht man Nerven aus Stahl - und selbst das reicht teilweise nicht aus.


Von der bei Amazon.de angebotenen Ausgabe von "The Descent" mit einer Silberscheibe sei hier abgeraten, vor allem, weil der darauf enthaltene Film die gekürzte Ausgabe mit der Freigabe "ab 16 Jahren" darstellt. Hier wird die "Doppel Deluxe Edition" mit zwei DVDs besprochen. Die enthält einerseits den ungekürzten Hauptfilm, der berechtigterweise "keine Jugendfreigabe" erhalten hat, und gleich vier Tonspuren für den Film: Deutsch und Englisch, jeweils einmal im Dolby Digital 5.1- und im noch nicht so verbreiteten DTS 6.1-Format - super! Die Tonspuren nutzen ihre Surroundkanäle auch voll aus, ringsum erklingende Gerölllawinen, unmenschliche Schreie und wummernde Einstürze vermitteln ein gekonntes Mittendrin-Gefühl. Bei aller Dunkelheit und gewollter Farbarmut ist das Bild jedoch gestochen scharf und kontrastreich, wo es nur geht. In Kombination sehen vor allem die hektischen Handkameraeinstellungen und brachialen Schnitte der blutigen Kämpfe im letzten Drittel großartig aus.

Die zusätzlichen Extras bieten alles, was man sich wünschen könnte, wenn auch nicht mehr. Ein fröhliches Making-Of mit einer Stunde Laufzeit dokumentiert die Studioarbeit des Films und den überraschenden Umstand, dass sämtliche im Film täuschend echt aussehende Höhlen nur aus Kunststoff bestehen. Ein eher langweiliges "Hinter den Kulissen"-Feature beschreibt die Crew direkt bei der Arbeit, ein Storyboard-Vergleich zeigt die Idee und ihre Umsetzung und einige nicht verwendete Szenen geben den Charakteren ein bisschen mehr Hintergrund. Am besten sind ohne Frage die Outtakes aus dem Film, die einige zum Brüllen komische Szenen zeigen und die gute Laune, die bei dieser Produktion offensichtlich herrschte, besser transferieren als jedes Interview. Obligatorisches wie Trailer zu "The Descent" und anderen Filmen oder eine Bildergallerie gibt es auch noch, bemerkenswert sind nur noch zwei Audiokommentare für den gesamten Film. Der eine ist mit Regisseur Neil Marshall und fast der gesamten Darstellerinnenriege, die sich gut gelaunt von ihrem eigenem Film erschrecken lassen. Der zweite Kommentar, wieder mit Marshall und einigen Mitgliedern der Crew, wiederholt leider die meisten Informationen des ersten Kommentars - dennoch erfährt man insgesamt einige interessante Details, die einem selbst vielleicht nicht aufgefallen wären. Sämtliche Features der DVDs sind erfreulicherweise mit deutschen Untertiteln versehen, die sich jedoch einige Schnitzer erlauben - so wird aus Gollum bspw. ein Golem -, diese sind jedoch verschmerzbar.

Die DVD-Ausgabe von "The Descent" ist technisch äußerst vorbildlich, inhaltlich eine runde Sache, aber leider nicht sehr innovativ. Allein das äußerst schicke Steelbook mit den hochwertigen Produktionsfotos ist die Sache jedoch schon wert.

Julius Kündiger



DVD | Disc-Anzahl: 2 | Erschienen: 01. Juni 2006 | FSK: 18 | ISBN: B000FFJT8O | Laufzeit: 96 Minuten | Originaltitel: The Descent | Preis: 21 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch, Englisch | Verfügbare Sprachen: Deutsch, Englisch

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