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 H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens: Der Cthulhu-Mythos

Horrorgeschichten von H. P. Lovencraft u.a.


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Die Geschichten von Howard Phillips Lovecraft waren seit ihrer Veröffentlichung ein Quell der Inspiration für viele andere Autoren. In den zwei Büchern "Der Cthulhu Mythos 1917-1975" und "Der Cthulhu Mythos 1976-2002" hat Herausgeber Frank Festa eine Auswahl der besten Geschichten um Cthulhu und die Großen Alten gesammelt. LPL Records hat sich dieser Sammlung zum Vorbild genommen und mit dem vorliegenden Hörbuch "Der Cthulhu Mythos" sechs Geschichten daraus vertont.

Bevor der cthuloide Horror seinen Lauf nimmt, gibt sich Mr. H. P. Lovecraft höchstpersönlich die Ehre: David Nathan, die deutsche Synchronstimme von Johnny Depp, schlüpft in die Rolle des legendären Autors und versucht mittels einer kurzen Biografie, dem Hörer einen Einblick in das ungewöhnliche Leben des Mannes aus Providence zu geben. Auf teilweise sehr zynische Art und Weise liefert "H. P. Lovecraft" ein Resümee seines Lebens ab. Leider entsteht dadurch ein sehr subjektives und teilweise äußerst negatives Bild des Autors. Lovecraft schätzte bekanntermaßen sein Leben und Werk als bedeutungslos ein, für seine Vorstellung im Rahmen dieses Hörbuchs wäre es jedoch besser gewesen, ein objektiveres Bild seiner selbst zu zeichnen.

Jeder der folgenden Geschichten ist eine kurze Einleitung von H. P. Lovecraft (gesprochen von David Nathan) vorangestellt, in der er kurz auf das Leben des jeweiligen Autors und die Bedeutung der Geschichte für den Cthulhu-Mythos eingeht. Dies ist ein sehr schönes und passendes Stilmittel, das von David Nathan gekonnt umgesetzt wird. Der Hörer erfährt auf diese Art Schritt für Schritt etwas mehr von dem Mythos und seinen Autoren.

Die Geschichten werden von Joachim Kerzel gelesen, der dem Hörer vor allem als Synchronsprecher von Jack Nicholson und Harvey Keitel bekannt sein dürfte. Während Nathan eher eine helle Stimme besitzt, eignet sich Kerzels Bass sehr gut für die dunkle Stimmung, welche die Geschichten transportieren sollen. Zudem ist Kerzel ein angenehmer Erzähler, dessen Stimme auch nach der dritten Geschichte nichts von ihrer Kraft und ihrem Charisma verliert.

Wenn es eine Geschichte gibt, die in einer Einführung in die Welt von Lovecrafts Mythos keinesfalls fehlen darf, so ist dies Der Ruf des Cthulhu" von H. P. Lovecraft. Nicht nur, dass der darin beschriebene "Große Alte" der Namensgeber des gesamten Mythos wurde, darüber hinaus liegt mit ihr eine Erzählung im klassischen Stil H. P. Lovecrafts vor.
Der namenlos bleibende Protagonist entdeckt bei der Durchsicht der Hinterlassenschaften seines verstorbenen Großonkels, eines angesehenen Sprachwissenschaftlers, seltsame Aufzeichnungen. Sie dokumentieren die geheime Existenz eines Kultes um eine uralte Wesenheit namens Cthulhu, die seit Äonen auf dem Grund des Meeres liegen und schlafen soll. Die Geschichte erreicht ihren Höhepunkt, als der Protagonist an die Aufzeichnungen eines skandinavischen Seemanns gerät, der eine leibhaftige Begegnung mit Cthulhu überlebt hat.

Der Schwarze Stein, die zweite Geschichte des Abends, stammt aus der Feder von Robert E. Howard, der den meisten Menschen wohl eher als Erfinder des Barbaren Conan bekannt sein dürfte. Deutlich weniger Menschen wissen, dass Howard engen Briefkontakt mit Lovecraft pflegte und ebenfalls Geschichten im Stile dessen schrieb, was später als Cthulhu-Mythos bekannt werden sollte. Hier macht sich der Protagonist auf, das Geheimnis eines schwarzen Monolithen zu lösen, der nahe eines kleinen ungarischen Dorfes steht. Schon sehr bald zeigt sich, dass er mit seinem Forscherdrang Zeuge von Ereignissen wird, von denen er lieber niemals gewusst hätte.

Die Glocke im Turm ist eine besondere Art der Co-Autorenschaft. Mehr als eine Geschichte von H. P. Lovecraft ist zu seinen Lebzeiten nur ein Fragment geblieben, welches schließlich von einem anderen Autor aufgegriffen und - im cthuloiden Stil, versteht sich - vollendet wurde. Bei der vorliegenden Geschichte ist der SF- und Fantasy-Autor Lin Carter dafür verantwortlich. Die Glocke im Turm berichtet von einem Mann, der dem Wahnsinn verfallen ist, sich nur noch an kindlichen Dingen erfreut und eine höllische Angst vor Kirchenglocken hat. Als ihm sein Nachbar eine Ausgabe des Necronomicons vorlegt, bricht der Unheimliche jedoch sein Schweigen und berichtet dem unwissenden Freund von dem Schrecken, den er erlebt hat.

Bei Warum Abdul Al Hazred dem Wahnsinn verfiel von D. R. Smith handelt es sich weniger um eine Geschichte, denn um einen Ausschnitt aus dem Necronomicon, der Einblick in das Seelenleben seines Autors, des verrückten Arabers Abdul Al Hazred, gewährt. Im letzten Kapitel des verdammungswürdigen Buches beschreibt Al Hazred eine Vision, die ihm zuteil wurde. In ihr wird er Zeuge, wie der römische Feldherr Marcus Antonius mit den Großen Alten konfrontiert wird. Leider ist es ausgerechnet diese vielversprechende Geschichte, die am schwächsten abschneidet. Dies liegt wohl weniger an dem Talent des Autors, denn an seinem Versuch, ein Kapitel des sonst nur kurz zitierten Necronomicons zu rekonstruieren und ihm den Grund für den Wahnsinn seines Autors zuzuschreiben. Dass dies nicht funktioniert, wird schnell deutlich, denn es ist nicht nur ein Kapitel, das den Wahnsinn bringt, sondern das Buch an sich. Dieser Umstand, verbunden mit der Unmöglichkeit, den Text eines Mythoswerkes angemessen wiederzugeben, ist es, der diese Geschichte scheitern lässt.

Dagon aus dem Jahr 1917, wieder aus der Feder von H. P. Lovecraft, kann als eine Art Vorläufer zu Der Ruf des Cthulhu angesehen werden, da sich beide Geschichten teilweise sehr ähneln. Ein amerikanischer Seeoffizier entkommt in einem Rettungsboot dem Kaperversuch eines deutschen Schiffes. Schließlich erreicht er eine seltsame schwarze Insel, die er voller Neugier zu erforschen beginnt. Schon bald muss er jedoch feststellen, dass diese Insel ein dunkles Geheimnis hütet, dem er schon bald ansichtig wird. Der Tiefe Gott Dagon erscheint. Voller Entsetzen gelingt dem Erzähler die Flucht zurück in die Zivilisation, doch der Eindruck des Erlebten wird bis zu seinem Lebensende an ihm haften.

Christian von Asters' Ein Porträt Torquemadas bildet den Abschluss der Geschichten. Ein Dominikaner-Mönch und Arzt, der im Auftrag des Vatikan illegale Operationen durchführt, wirft aus Neugier einen Blick in die Aufzeichnungen seines letzten "Patienten". Dabei kommt er dem Geheimnis eines Malers aus der Renaissance auf die Spur, hinter dem eine entsetzliche Wahrheit verborgen ist. Auch die letzte Geschichte fügt sich gut in den Reigen cthuloiden Horrors ein, der hier dargeboten wird. Sehr schön ist darüber hinaus die literarische Verbeugung des Autors vor Arturo Pérez-Reverte, indem er dessen Gebrüder Ceniza aus "Der Club Dumas" einen Cameo-Auftritt absolvieren lässt.

Die Auswahl der Geschichten in dieser Zusammenstellung ist gut gelungen, lediglich Warum Abdul Al Hazred dem Wahnsinn verfiel kann nicht völlig überzeugen. Ansonsten gelingt es allen Erzählungen, die typische Cthulhu-Atmosphäre zu vermitteln. Viele Dinge werden nur angedeutet, sodass ein Großteil der Vorstellung des Hörers überlassen wird. Hinzu kommt stets der latente Hauch des Wahnsinns, der die Protagonisten der Geschichten umweht.

Wahren Schrecken mögen die Geschichten in unserer reizüberflutenden Zeit nicht mehr verbreiten, wo sich Horror auf Tonnen von Kunstblut und größtenteils visuelles Grauen beschränkt. Aber für Freunde subtilen Gruselns und natürlich Fans lovecraftscher Literatur ist dieses Hörbuch fast schon ein Pflichtkauf, das seine Auszeichnung zum "Besten Hörspiel des Jahres 2002" absolut verdient hat.

Markus Goedecke



CD | CD-Anzahl: 4 | Erschienen: 1. Oktober 2003 | Laufzeit: 275 Minuten | Preis: 24,95 Euro

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