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 Rückkehr von den Sternen

Autoren: Stanislaw Lem
Verlag: List

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Hal ist wieder zurück. Auf der Erde sind über einhundert Jahre vergangen und die Raumfahrer scheinen nahezu vergessen zu sein. Nichts ist mehr, wie es war. Sprache, Umwelt, Gebrauchsgegenstände, vor allem aber Moral, Verhalten und Psyche der Menschen sind unbegreiflich für die Heimkehrer. Physisch sind sie zehn Jahre gealtert und die Eingliederung scheint unmöglich.
Hal verweigert Schulungen und Belehrungen und reist auf eigene Faust aufs Geratewohl mitten hinein in eine Großstadt. Er ist wie vor den Kopf gestoßen, denn die Menschen sind wie Aliens für ihn. Sie haben maßlose Angst vor ihm, das kann er deutlich wahrnehmen. Er versteht nur nicht, warum. Eine Frau nimmt ihn mit auf ihr Zimmer und ihre unbegreifliche Angst steigert sich zu einer Hysterie, als sie erfährt, dass Hal nicht betrisiert ist. Seit drei Generationen werden die Menschen durch dieses Verfahren verändert. Sie können nicht töten, nicht einmal mehr daran denken. Sie gehen keinerlei Risiken mehr ein und leben ohne sichtbaren Antrieb. Alle Menschen sind friedlich, vorsichtig und seltsam beliebig. Niemand treibt mehr irgendeine Art Sport, der mit Gefahren verbunden ist, es gibt keinerlei Unfälle mehr, denn alle Gegenstände sind mit Geräten ausgestattet, die eine augenblickliche Schwerelosigkeit garantieren, wenn irgendeine Art Gefahr droht.
Hal verzweifelt. Als er sich in eine junge Frau verliebt, ist eine Katastrophe unausweichlich. Sein Freund Olaf, ebenso wie er Rückkehrer und allein unterwegs, besucht ihn und gemeinsam versuchen sie herauszufinden, was sie tun können. Doch als die junge Frau ihn zurückweist, nimmt sich Hal ein Messer aus seiner Reisetasche und beschließt, sich das Leben zu nehmen. Da steht Olaf in der Tür.

Stanislaw Lem hat mit diesem Roman (früher unter dem Titel "Transfer" erhältlich) eine philosophische Studie vorgelegt. Der moderne Mensch ist hier der Außenseiter und eine durch Minderung des Antriebs friedliche Generation ist der ihn umgebende Normalfall.
Der Versuch ist brillant von Lem dargestellt und in vielen Facetten ausgeleuchtet. Die völlige Fremdartigkeit, die ein zum Töten fähiger Mensch in einer Umwelt erlebt, die nicht mal in Gedanken diese Möglichkeit ohne schlimme Ängste und Widerwillen konstruieren kann, ist beeindruckend und beängstigend zugleich. Lem gelingt es, die Andersartigkeit plastisch zu beschreiben und begreiflich zu machen. Vor allem gelingt es ihm aber, die negativen Auswirkungen eines solchen Wunsches, der einer friedlichen Menschheit, deutlich zu machen.
Leider muss sich der Leser durch über siebzig anstrengende Seiten kämpfen, ehe die Geschichte, seine Protagonisten und die Bedingungen, unter denen sie leben, an Fahrt gewinnen. Die unglaubliche Spannung, die er aufbaut, die psychische Situation von Hal, Olaf und der jungen Frau ist fantastisch beschrieben und die eng beschriebenen Seiten lesen sich wie im Fluge. Vor allem der Schluss ist Lem sehr gut gelungen und lässt einen sehr nachdenklichen Leser zurück. Aber dahin muss man erst mal kommen. Mehr als einmal habe ich das Buch weggelegt und nur mit Widerwillen weitergelesen. Zwar versucht Lem in diesem ersten Abschnitt genau das zu erreichen, dass einem die Welt fremd vorkommt und die Andersartigkeit der Menschen nach einem Jahrhundert der Abwesenheit eine absolute ist. Dies gelingt ihm derart beängstigend, dass der Text selbst Abneigung erzeugt. Das ist meines Erachtens zuviel des Guten. Lem ist zwar ein wundervolles Stück Psychologie und Philosophie gelungen, aber derart sperrig sollte der Zugang nicht sein, er verhindert schlicht, dass sich eine große Zahl Leser an dieses Werk herantraut.

Fazit: Dieses Buch ist ein Martyrium - doch nur zu Anfang. Gelingt es dem Leser, diese Hürde zu nehmen, vermag die Geschichte zu fesseln und zu begeistern und letztlich ist sie wundervoll. Aber leider gibt es zugänglichere und bessere Bücher Lems. Leider, weil dieses Buch mehr Leser verdient hätte und sie ob des Anfangs ganz sicher nicht bekommen wird.

Stefan Erlemann



Taschenbuch | Erschienen: 01. Januar 2002 | ISBN: 3548601464 | Originaltitel: Transfer | Preis: 8,95 Euro | 308 Seiten | Sprache: Deutsch

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