Japan vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Das Land ist erschüttert von Zerstörung und Leid, die Versorgung der Überlebenden verläuft nicht immer ausreichend, mögliche Bombenangriffe liegen an jedem Tag wie ein drohender Schatten über der Bevölkerung. Hunger und Angst sind die ständigen Begleiter der Menschen, die oftmals aus den großen Städten aufs Land flüchten, so sie das Geld dazu haben.
Der 14-jährige Seita und seine kleine Schwester Setsuko verlieren bei einem der verwüstenden Bombenangriffe ihre Mutter. Ihr Vater, der im Krieg bei der Marine wirkt, ist fern der Heimat, und so werden sie zu Verwandten geschickt. Doch dort sind sie nicht willkommen - statt eines neuen Zuhauses, das sich liebevoll der einsamen Kinder annimmt, erwartet sie eine ebenso kalte Welt wie jene, die sie verlassen zu haben glaubten. Ihre Mahlzeiten werden rationiert und stets zu Gunsten der anderen Familienmitglieder aufgeteilt; man behandelt sie streng und beinahe wie Bedienstete. Ihre Tante schiebt in jeder Situation den Krieg als Argument vor, wieso die beiden Halbwaisen so viel über sich ergehen lassen müssen.
Seita wird die einzige Bezugsperson für die kleine Setsuko, die sich in dieser harten, erbarmungslosen Welt nicht mehr zurechtfindet und sich immer mehr in sich zurückzieht. Um es seiner Schwester leichter zu machen, läuft er gemeinsam mit ihr weg, bringt sie fort von der strengen Tante und bezieht mit ihr eine kleine Höhle an einem Fluss.
Doch nicht lange währt der Friede dieser trügerischen Idylle am Fluss, fernab von Krieg, den Reglementierungen der Tante und den Erinnerungen an ihr früheres Leben ?

Hier in Westeuropa werden Zeichentrick- und Animationsfilme noch immer der Unterhaltung von Kindern zugeordnet, selbst wenn Erwachsene ebenso ihren Spaß daran haben und sich ein wenig an ihre eigene Kindheit erinnert fühlen können. Ob von Disney, Pixar oder anderen Produktionsfirmen, die sich auf den bunten Rausch für die Kleinen spezialisiert haben, nur selten durchbrechen die Filme altbewährte Muster oder greifen Themen auf, die sich mehr an Erwachsene denn an Kinder richten.
Japanische Anime beschreiten nach langer Tradition ganz andere Wege. Keine reine Kinderunterhaltung, nein, sondern Filmgenuss auf jeder Ebene und in jedem Genre. "Die letzten Glühwürmchen" gehört in jene Erwachsenenkategorie, und so sollte man sich nicht von der Freigabe ab sechs Jahren blenden lassen.
"Die letzten Glühwürmchen", im Original "Hotaru no haka", ist die bewegende Geschichte zweier Geschwister im Zweiten Weltkrieg, die nichts mehr im Leben besitzen als einander. Da ist der junge Seita, dem mit einem Schlag nicht nur die Verantwortung für sich, sondern auch für seine kleine Schwester auferlegt wird. Seine Kindheit schwindet unter der Last der Aufgaben, sei es die Beschaffung von Essen oder sei es, Setsuko aus ihrer der Angst entsprungenen Lethargie zu befreien.
Und so verfolgt der Zuschauer den Kampf der Geschwister ums Überleben in einer feindlichen, chaotischen Welt, erlebt all die kleinen Höhe- und Tiefpunkte mit, spürt selbst die Resignation, die alles zu verschlingen droht, und stemmt sich doch dagegen, wie es Seita tut.
Von wundervollen Klängen unterstützt sind die meist weichen und damit zum Thema kontrastiven Bilder, die sich dem Zuschauer auftun. Die Schrecken des Krieges und seiner Auswirkungen werden dabei nicht ihrer Intensität beraubt, sondern eher noch verstärkt, denn so wie die Kinder entzieht sich auch der Zuschauer der grauenhaften Realität
Besonders hervorzuheben ist die Synchronisation, die ungewöhnlich gut gelungen ist für einen Anime. Vor allem Gerrit Schmidt-Foss als Seita und Adak Azdasht als Setsuko hauchen den Geschwistern Leben ein, wo manch andere Anime-Eindeutschung vor allem durch laienhafte oder emotionslose Stimmen enttäuscht.

"Die letzten Glühwürmchen" ist kein Film für Kinder, wie man auf den ersten Blick annehmen könnte, betrachtet man DVD-Cover und die Altersbeschränkung. Es ist ein trauriger Blick auf die Schrecken des Krieges, der Kampf zweier Kinder gegen diese finstere Welt und ein mitreißendes Filmerlebnis, das vor allem dem westeuropäischen Zuschauer eine neue Welt des Animations- und Zeichentrickfilms eröffnet.

Fans sollten von der besprochenen einfachen DVD-Version ohne Extras absehen und stattdessen die Collector?s Edition nehmen, die zwar ein gutes Stück teurer ist, jedoch mit vielen tollen Extras aufwarten kann.