Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Ton | |
Chloe ist sauer. Sie steckt mitten in der Vorbereitung für ihr Jura-Examen und will nicht ausgehen. Michael aber ignoriert wie immer ihre Wünsche. Und dann schenkt er ihr auch noch eine Halskette. Kein Verlobungsring, kein Heiratsantrag. Sie ist so sauer, dass sie ihn nicht mit in ihre Wohnung lässt.
Kaum ist Chloe eingeschlafen, glaubt sie sich in einem furchtbaren Alptraum. Ein Maskierter ist in ihr Schlafzimmer eingedrungen und fesselt sie an die Bettpfosten. Nachdem er sich vor ihr entkleidet hat, nimmt er ein scharfes Messer zur Hand und schneidet ihren Schlafanzug entzwei. Verzweifelt versucht Chloe den Mann abzuschütteln. Sie ahnt, dass der Alptraum noch nicht zu Ende ist. Der Mann vergewaltigt sie nicht nur, er fügt ihr mit dem Messer und anderen Utensilien schreckliche Verletzungen zu.
Als Chloe erwacht, liegt sie in einem Krankenhauszimmer und ist an Armen und zahllosen weiteren Stellen bandagiert und verbunden. Der Arzt eröffnet ihr, dass man ihr wegen schlimmer innerer Verletzungen die Gebärmutter entfernen musste, sie ansonsten aber vollständig genesen wird.
Nichts ist mehr so, wie es vor dieser Nacht war. Chloe trennt sich von Michael, der nur hofft, dass sie den "Vorfall" hinter sich lässt. Nachdem sie erkannt hat, dass sie in New York nicht mehr leben kann - hinter jeder Ecke vermutet sie dieses perverse Schwein - und zieht nach Miami. Sie macht ihr Examen und wird eine erfolgreiche Staatsanwältin.
Doch auch zwölf Jahre später, Chloe ist mittlerweile 36 Jahre alt, hat sie Alpträume, ist nervös, kann keine normale Beziehung eingehen und tarnt sich mit betont konservativem Äußeren, einem anderen Namen und abweisendem Verhalten. Sie kann weder diese eine Nacht, noch die Stimme des Mannes vergessen, der ihr Leben zerstört hat.
Sie ist beliebt bei ihren Kollegen und gefürchtet von Angeklagten und ihren Anwälten. Ihr wird die Ermittlung im Fall "Cupido" übertragen. Ein lang gesuchter Serienmörder, der elf Frauen auf bestialische Weise ermordet hat und keinerlei Spuren am Tatort hinterließ, ist durch einen Zufall gefasst worden. Doch während der ersten Anhörung erkennt sie in dem Mann, der verdächtigt wird, der Killer zu sein, ihren Peiniger. Sie hört seine Stimme, sieht eine Narbe an seinem Handgelenk und weiß, dass sie ihrem persönlichen Alptraum leibhaftig gegenübersteht.
Die tragische kleine Geschichte, die sich vor dem Hörer ausbreitet, wird schnell zu einem furchtbaren Alptraum. Mit schrecklichen Details, einer harten, kompromisslosen Darstellung, einer klaren, nichts beschönigenden Sprache ist der Debütroman von Jilliane Hoffman eine absolute Überraschung. Sie erreicht aus dem Stand heraus ein hohes Niveau. Das gesamte Buch - und in noch stärkerem Masse das leicht gekürzte Hörbuch - ist enorm spannend. Die Charaktere sind zwar leider eindimensional und wenig realistisch, die Hauptperson Chloe aber ist der Autorin so lebensnah und lebendig geraten, dass man sich mit ihr stark identifiziert. Dies ist vor allem ob der nervenzerfetzenden Gefahr, in die sich die Staatsanwältin offenen Auges begibt, fast schon eine Belastung. Dem Text ist oft schwer zu folgen, Emotionen lassen dem Hörer Schweiß auf die Stirn treten und teilweise unterbricht ein weniger hartgesottener Hörer gar die Lesung von Iris Böhm.
Zur Leistung der Schauspielerin Iris Böhm ist eine differenzierende Betrachtung erforderlich. Die Stimme und die Stimmungen von Chloe trifft Iris Böhm sehr gut. Die unterkühlte Staatsanwältin, die nur nach außen hin ihr Leben im Griff hat, die innerlich aber zerstört und gebrandmarkt ist, vermittelt sie gut, alle anderen Personen trifft sie nicht. Weder die Kollegen noch der Serienmörder "Cupido", ein neben Chloe zentraler Charakter des Hörbuchs, sind emotional verständlich und glaubhaft vermittelt. Ihre Präsenz wird durch die Art des Vortrags stark vermindert und ein wichtiges Spannungsmoment dadurch abgeschwächt. Da aber Sujet und Verlauf der Geschichte extrem spannend sind, mindert das den Gesamteindruck des Hörbuchs kaum - es bleibt ein grandioses Debüt einer Autorin, die mehr als nur ein Geheimtipp sein sollte. Zu beachten ist jedoch, dass man gute Nerven und einen stabilen Magen haben sollte - einige Details und Schilderungen sind mehr als nur eklig und grausam.
Fazit: Dieses grandiose Debüt der Staatsanwältin Jilliane Hoffman wird durch die Art der Interpretation von Iris Böhm in seiner Wirkung abgeschwächt. Neben der Hauptperson Chloe verblassen alle anderen Charaktere deutlich - dies ist im Buch nicht so. Doch die Gewichtung auf Chloe verstärkt die Wirkung der schrecklichen Vorgänge und des grausamen Schicksals, das die junge Frau durchleben muss. Das Hörbuch ist daher noch härter und schockierender als der Roman und zarten Gemütern nicht zu empfehlen.