Tief unten, wo sich nicht einmal das Tageslicht hintraut, dort haust es. Stimmlos, mit entstelltem Gesicht und ohne Erinnerung daran, was vorher war. Die einzige, die sich unten bei den Heizkesseln um das namenlose Ding kümmert, ist die alte Vettel Grethet, die den Jungen langsam aufpäppelt, um ihn dann zur Arbeit anzutreiben.
Aber es ist kein schönes Leben für den Entstellten. Immer muss er die schwere Taltry tragen, nicht nur, um sich vor den Geisterstürmen zu schützen, sondern auch, um sein Antlitz zu verstecken. Dennoch weiß jeder, was mit ihm los ist, und meidet ihn. Alles, was er bekommt, sind gerade genug Essen, um zu überleben, und Missachtung gepaart mit handfesten Bestrafungen durch die anderen.
Bald schon erkundet er seine Umgebung und findet einen Weg nach draußen. Dort sieht er zum ersten Mal, dass er sich in einer riesigen Burg befindet, in der Luftschiffe und Sturmreiter ein- und ausgehen, und er hat keinen sehnlicheren Wunsch als die Burg zu verlassen und auf die Suche nach seiner Vergangenheit zu gehen.
Schneller als gedacht soll sich eine Gelegenheit für den Stummen geben, denn auf dem Schloss ist eine große Hochzeit zwischen der Tochter des Burgherren und dem Sohn eines anderen Adelshauses angeplant. Alles, was Rang und Namen hat, reist an und auch viele Handelsschiffe legen an der Burg an. Und während der Festlichkeiten, während der niemand darauf Wert legt den Entstellten zu sehen, schleicht er sich an Bord eines Schiffes - und beginnt eine lange Reise auf der Suche nach Antworten über sich selbst ...

Ein einziges Geheimnis - so könnte man "Im Bann der Sturmreiter" von Cecilia Dart-Thornton beschreiben, denn die Autorin hat eine Art zu schreiben, die den Leser beständig im Ungewissen lässt und die ihm keine Chance lässt, das Buch aus der Hand zu legen. Und das, obwohl die gesamte Handlung zunächst völlig unwichtig zu sein scheint.

So auch das Geheimnis um ihre Hauptperson: Gesichtslos, namenlos und ohne Stimme kämpft sie sich durch die Welt, ohne dabei eine wahre Identität zu haben. Hier kommt man aber auch zur einzigen Schwachstelle des Buches, dem Ende des ersten Bandes der "Feenland-Chronik". Nachdem man so lange den ersten Auflösungen dieser Geschichte auf 520 Seiten entgegenfiebert, fallen diese leider sehr kurz und knapp gefasst aus, fast etwas unbefriedigend. Von diesen letzten Seiten abgesehen ist das vorliegende Buch allerdings ein wahres Meisterwerk. Denn der Schreibstil von Cecilia Dart-Thornton ist einfach beeindruckend, da sie es schafft, mit vielen Worten, die sehr wohl fesselnd sind, kaum etwas Preis zu geben - bis hin zum Schluss.

Schade finde ich allerdings, dass sich das Cover dieser Taschenbuchausgabe von "Im Bann der Sturmreiter" geändert hat, gibt darauf doch so vieles noch keinen rechten Sinn, wie zum Beispiel der Drache, der über der Person im Vordergrund schwebt - denn dieser wird im Buch mit keinem Wort erwähnt.

Was man Cecilia Dart-Thornton hoch anrechnen kann, ist die sich im Anhang befindende Bibliographie, in der die Autorin auf die Quellen für ihre Fantasiegestalten hinweist und durch die es ihr gelungen ist, ihr Buch so eindrucksvoll zu gestalten.

Sieht man also von dem etwas schwachen Ende ab und dem nicht mehr ganz so stimmigen Cover, ist dieses Buch wirklich fesselnd geschrieben und lässt den Freund von Fantasie und Geheimnissen voll auf seine Kosten kommen. Zu alledem wird auch noch packende Spannung mitgeliefert, die ihresgleichen sucht. Man kann also durchaus von einem sehr gelungenen Roman sprechen, bei dem man es kaum abwarten kann, den nächsten Band - "Das Geheimnis der schönen Fremden" - in die Hände zu bekommen, welcher im November 2006 als Taschenbuchauflage erneut in die Buchläden kommt.