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 Titus Crow-Reihe: Sie lauern in der Tiefe


Cover
Gesamt ++---
Anspruch
Spannung
Erdstöße erschüttern die Lande und lassen die Seismographen starke Zickzack-Linien aufzeichnen. Der mental begabte Okkultist Titus Crow hat Träume, die mit diesen Ereignissen in Verbindung zu stehen scheinen. Dazu kommen beunruhigende Zeitungsmeldungen. Dann erhält Crow vier Steinkugeln, von denen er annimmt, dass sich in ihnen die Brut von mächtigen, den Menschen unbekannten Wesen befindet. Diese bewegen sich unter und durch die Erde wie ein heißes Messer durch Butter und sind enorm groß, alt und gefährlich. Titus Crow und sein Gefährte Henri Laurent de Marigny befinden sich in einem tödlichen Wettlauf mit der Zeit...

Oh je, wäre dieses (Mach-)Werk doch nie neu aufgelegt wurden. Brian Lumley war damals nicht nur noch am Anfang seiner Karriere gestanden, sondern auch am Anfang seines schriftstellerischen Könnens (was ich ihm einfach mal unterstelle). Hier hat er jedenfalls kapitalen Mist gebaut.

Sie lauern in der Tiefe ist der erste Band einer Serie um das von Lumley ersonnene Team Titus Crow / Henri Laurent de Marigny. Diese Reihe hat Brian Lumley schon in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts geschrieben. Sie nimmt direkt Bezug auf den Cthulhu-Mythos, welcher von Howard Philipps Lovecraft ersonnen wurde.

Das Rezept für diesen Roman lautet: Man nehme alles, was den Cthulhu-Mythos im positiven Sinne ausmacht, entmystifiziere und banalisiere es und füge dann alles schlechte des Mythos hinzu. Der Hauptfehler, der sich auch in der Dreamland-Reihe leicht zeigt, wird hier zu seinem negativen Höhepunkt geführt. Mehr dazu weiter unten.

Warum so etwas trotz der meiner Meinung nach offensichtlichen Schwäche des Romans neu aufgelegt wird, ist denke ich klar: Profit.
Und den scheint der Name Lumley zu versprechen. Mit der Reihe "Necroscope" von Lumley hatte der Festa Verlag ja einen großen Erfolg. Was liegt da näher, als die alten Schinken des Autors aus der Mottenkiste des Horrors zu kramen?

Was ist das herausragende Merkmal des Cthulhu-Mythos des HPL? Die Großen Alten und die Älteren Götter sind unbekannte, teilweise nicht greifbare Wesen. Der Mensch wirkt dagegen wie ein Sandkorn vor dem Himalaya-Gebirge. Er ist höchstens ein kleines Staubkorn in den Rädern der Großen Alten. Wenn überhaupt, dann können die Großen Alten nur kurzzeitig gebremst werden. Aber nie ganz gestoppt und nie ganz vernichtet. Und so oder so, wenn die Sterne richtig stehen, wird die angebliche Herrschaft der Menschen über die Erde offiziell beendet.

Der Cthulhu-Mythos lebt vom kosmischen Schrecken, vom erschreckenden Nihilismus der Großen Alten. Vom Gefühl, als Mensch(heit) einem zu großen Gegner gegenüber zu stehen und nur deswegen dagegen anzugehen, weil man die Hoffnung (welch typisch menschliche Regung) nun einmal nicht verlieren will und das wahre Ausmaß der Größe der Großen Alten gar nicht begreifbar ist. In der Regel sterben die Menschen bei dem Versuch, die Großen Alten zu bekämpfen oder werden wahnsinnig.

Davor scheint Lumley (wie auch andere Autoren) Angst zu haben. Lovecraft kosmisches Schrecken reduzieren sie auf beliebige, besiegbare Wesen wie aus diversen anderen Horror-Romanen. Titus Crow und Henri Laurent de Marigny gehen offenen Auges in den Kampf gegen die Mythos-Wesen. Diese sind in der Regel im Roman besiegbar und das sogar relativ leicht. Lovecraft würde sich im Grabe rumdrehen.

Crow führt später jeglichen Okkultismus auf die Großen Alten zurück. Zugegebenermaßen hat er recht, wenn er die Großen Alten als außerirdisch und nicht übernatürlich bezeichnet. Aber eine derartige Entmystifizierung wie im Roman haben die Großen Alten einfach nicht verdient. Nyarlathotep ist dann die Telepathie, Azathoth einfach nukleare Energie und so weiter.

Abgesehen von diesen inhaltlichen Mängeln, die aber Geschmackssache sind, gibt es aber auch stilistische. Die ganze Geschichte wird nur in Form von Briefen und Aufzeichnungen geschildert. Das fördert nicht gerade die Spannung. Wenn klar ist, dass de Marigny überlebt, weil er ja die Aufzeichnung geschrieben hat, warum sollte man dann mit ihm mitfiebern, wenn er gegen die Wesen antritt? Das Crow als Namensgeber der Reihe überlebt ist ja eh klar. Gähn.

Der Roman ist also weder passend für den Cthulhu-Mythos, noch spannend oder gut geschrieben. Als Lovecraft-Epigone muss man auch mal die Grenzen überschreiten, die gesetzt wurden durch die oftmalige Verwendung von Briefen, Aufzeichnungen und ähnliches in den alten Cthulhu-Mythos-Geschichten. Gut gelöst hat es Richard L. Tierney in "Haus der Kröte" (wenn es auch da kleine Mängel gibt). Ein spannender und unterhaltsamer Roman, den ich dem Mythos zufüge, wohingegen ich Lumleys Geschreibsel bewusst nicht dem Mythos zuordnen möchte.

Bernd Wachsmann



Taschenbuch | Erschienen: 1. Dezember 2004 | ISBN: 3935822952 | Preis: 9,90 Euro | 236 Seiten

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