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 Der Historiker


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Ein junges Mädchen entdeckt eines Abends einen Stapel Briefe und ein altes, in Leder gebundenes Buch in der Bibliothek ihres Vaters. Das Buch ist bis auf die Abbildung eines Drachens und das Wort Drakulya leer. Als sie ihren Vater von dem Fund unterrichtet, wird dieser sehr nachdenklich und berichtet ihr, wie er als Student dieses Buch gefunden hat und seinem Doktorvater Batholomew Rossi ebenfalls davon erzählte. Wie sich herausstellt, hat auch Rossi ein derartiges Buch erhalten und sich auf die Suche nach Dracula, dem Herrscher der Walachei, begeben. In einem alten Archiv in Istanbul kommt es zu einer mysteriösen und denkwürdigen Begegnung. Ein Türke, der sich als Beamter der Regierung ausgibt, verbietet Rossi weitere Nachforschungen. Am Hals weist der Mann merkwürdige Wunden auf, ähnlich wie Bissmale. Bald gibt Rossi die Nachforschungen auf.
Gut zwanzig Jahre später hält nun Paul, der Vater des jungen Mädchens, ebenfalls ein solches Buch in Händen. Als Professor Rossi eines Abends auf unerklärliche Weise verschwindet und Pauls Katze getötet wird, fängt dieser an Rossis Worten Glauben zu schenken - Dracula lebt ...

Zusammen mit der Studentin Helen Rossi macht sich Paul auf die Suche nach dem Grab Draculas. Helen ist die Tochter des verschwundenen Professors und behauptet, Rossi habe ihre Mutter in Rumänien geschwängert und dann sitzen gelassen. Nun will sie sich an ihm rächen, indem sie ebenfalls eine Abhandlung über Dracula verfasst und noch vor dem Professor veröffentlicht.
Es beginnt eine Reise in das tiefste Osteuropa, nach Istanbul, Ungarn und Bulgarien, doch die Untoten sind Helen und Paul dicht auf den Fersen ...

Während Paul seiner Tochter in der Gegenwart stückweise die Geschichte seiner Odyssee erzählt, forscht das Mädchen auf eigene Faust nach und macht selbst verstörende Erfahrungen mit merkwürdigen Todesfällen und unheimlichen Gestalten, die sie und ihren Vater zu beobachten scheinen.

Plötzlich verschwindet ihr Vater und hinterlässt ihr nur einen Brief, in dem er schreibt, dass er sich auf die Suche nach ihrer Mutter Helen macht, die angeblich starb, als das Mädchen noch ein Baby war. Zusammen mit einem Studenten aus Oxford, der als Begleitung mitgeschickt wurde, macht sich das Mädchen an die Verfolgung ihres Vaters, wohl wissend, dass Dracula immer noch sein Unwesen treibt ...

Zehn Jahre schrieb Elizabeth Kostova an ihrem Roman, der eine faszinierende Mischung aus Historie, Fiktion und Krimi darstellt. Auf mehr als 800 Seiten verpackt die Autorin Fakten über den Heerführer Dracula, welcher Bram Stoker zu seinem weltberühmten Vampirroman inspirierte. Dabei schickt sie die Protagonisten durch die Länder des Ostblocks. Angefangen in Istanbul führt die Reise natürlich durch Rumänien, Ungarn und Bulgarien. Dabei fließt viel von der eigenen Reiseerfahrung der Schriftstellerin mit ein; bei den Beschreibungen Bulgariens ließ sich Elizabeth Kostova von ihrem Ehemann beraten, einem Bulgaren. Die Begegnungen mit den unterschiedlichsten Charakteren, die Suche in alten Bibliotheken und Archiven wird derart spannend geschildert, dass man kaum merkt, wie wenig Action dieser Roman beinhaltet. Die Autorin verzichtet gänzlich auf übertriebene Darstellungen von Gewalt und Erotik, selbst die Taten Draculas werden nur kurz aufgeführt oder vielmehr angedeutet, ohne in allen Einzelheiten beschrieben zu werden. Und dennoch klebt der Leser gebannt an den Seiten, die an ihm vorüber zu fliegen scheinen. Der Roman wird in der ersten Person abwechselnd von dem jungen Mädchen, welches das gesamte Buch über namenlos bleibt, ihrem Vater Paul und Bartholomew Rossi erzählt. Dabei sind die Abschnitte verschachtelt wie eine russische Matroschka, ohne aber Verwirrung zu stiften. Man weiß als Leser immer, wer gerade was und wann berichtet.
Die Bedrohung durch die Vampire wird sehr subtil beschrieben, in dem die Protagonisten kleine Wunden am Hals ihres Gegenüber bemerken oder durch Drohungen, wie die Ermordung der Katze. Die Untoten stehen dabei auch nie im Vordergrund der Geschichte, sondern bleiben im Hintergrund und bilden eine unheimliche Bedrohung, die auch der Leser zu spüren bekommt. Zum Ende hin geht der Handlung leicht die Luft aus; seitenlange Passagen eines Manuskriptes, welches ein Mönch hinterlassen hat, der Draculas Leichnam gemeinsam mit seinen Brüdern aus Rumänien fortbrachte, lesen sich sehr trocken und das Finale kann als solches kaum bezeichnet werden, ist es doch schon vorbei, bevor es richtig beginnen kann.
Immerhin werden alle Fäden zu einem schlüssigen Ende zusammen geführt, außer dass der untote Bibliothekar, der Paul und Helen fast das gesamte Buch über verfolgt, nicht mehr in Erscheinung tritt.
Die Aufmachung wurde relativ schlicht gehalten, passt aber zu dem Roman, der ebenfalls nicht auf vordergründige Effekthascherei zurückzugreifen braucht.

Fazit: eine unheimliche Reise in die Vergangenheit zu den Ursprüngen des berühmtesten Vampirs aller Zeiten, der gleichzeitig genialer Feldherr war. Selten wurde Geschichte so fesselnd beschrieben.

Florian Hilleberg



Hardcover | Erschienen: 01. September 2005 | FSK: 16 | ISBN: 3827005906 | Originaltitel: The Historian | Preis: 28,00 Euro | 826 Seiten | Sprache: Deutsch

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