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Das Wort "Karambolage" bedeutet Kollision oder Zusammenstoß und ist der Name einer Fernsehsendung auf dem europäischen Kultursender arte, in der wöchentlich deutsch-französische Eigenheiten und Kuriositäten auf künstlerische, humorvolle und experimentelle Art und Weise vorgestellt und erklärt werden. Für die "Idee, Gestaltung und Realisation" dieser Sendung erhielt die französische Filmemacherin Claire Doutriaux 2006 den Adolf-Grimme-Preis in der Wettbewerbskategorie "Spezial".
Doutriaux hält die Anekdoten ihrer Sendung "Karambolage" im gleichnamigen Buch fest, das in der "arte Edition" bei Knesebeck erschienen ist. Jeder, der in zwei Ländern und zwei Kulturen lebt, weiß, wie spannend und manchmal auch aufreibend es ist, ständig zwischen beiden Welten hin und her zu springen. Je umfassender die Kenntnis der anderen Kultur, desto größer erscheint der Abstand zur eigenen - immer mehr Feinheiten zeichnen sich ab, die bereichern und beglücken.
Doch wie kann man diejenigen, denen die andere Kultur gänzlich unbekannt ist, an diesem Gedankenspiel teilhaben lassen, ohne zu Klischees und nutzlosen Vergleichen zu greifen? Viele Franzosen - und das hat auch mit der deutschen Vergangenheit zu tun - interessieren sich nicht für das moderne Deutschland, seine Sprache, Alltagskultur und Bräuche.
Doutriaux gelingt es, Interesse zu wecken und einen Weg zu finden, der die Klippen umschifft. Das heißt, vom Konkreten auszugehen: vom Detail. Von einem Gegenstand, einem Wort, einem Ritual, einer Lautmalerei. Beispielsweise nimmt die Autorin den deutschen Klopapierhut unter die Lupe, der immer noch in einigen Haushalten in zartem Gelb, Lila, Rot, Blau oder Grün und mitunter sogar einem kleinen Bommel und Rüschenborte in deutschen Haushalten oder auf der Heckablage von Kraftfahrzeugen thront.
Auch die Franzosen werden von Doutriaux aufmerksam beobachtet, beschrieben und eine Interpretation versucht. Für den Deutschen ist zum Beispiel der Anblick eines Franzosen, der ein weich gekochtes Ei isst, sehr befremdend. Zuerst nimmt der Franzose eine Scheibe Weißbrot, die er mit Butter bestreicht, um sie dann in schmale, streng gleichmäßige Streifen zu schneiden. Er benutzt keinen Löffel, um die empfindliche Schale auszuhöhlen, sondern geht den Dingen mit der bloßen Hand auf den Grund - denn der Franzose tunkt gerne. Manchmal quillt die noch warme, zähflüssige Lava über den Rand, läuft über die Finger und tropft auf das Tischtuch. Zugegeben, das Auge isst hier nicht mit, aber etwas sehr Sinnliches liegt doch in diesem Bild der Weißbrotstäbchen, der so genannten "mouillettes", welche die Oberfläche des Eigelbs durchstoßen, um in das Innere einzudringen.
Besonders erwähnenswert sind auch die Lautmalereien, die das Ende des Buches küren. Der Hahn kräht auf Deutsch "kikeriki", auf Französisch "cocorico". Die Deutschen niesen mit einem "hatschi", die Franzosen mit "atchoum", und die Bitte um Ruhe äußert man in Deutschland mit "psst" und in Frankreich mit "chut".
Das kleines Büchlein im DIN-A4-Querformat ist durchweg von einem humorvollen Ton und einer spielerischen Herangehensweise, die Neugier weckt und anstelle von Konfrontation das Lächeln sucht. Die "Karambolage" der benachbarten Länder ist somit voll und ganz gelungen und trägt dazu bei, Vorurteile zu brechen.