Gesamt |
|
Aufmachung | |
Spannung | |
Ton | |
Das "Orchester der Schatten" spielt seit einigen Jahren - meist im Großraum Berlin - zum dunklen Reigen Lovecraftscher Schreckenskunst auf. In Planetarien, Hörsälen, Freiluftkinos und alten Parkanlagen untermalt das Orchester mit Kontrabass, Saxophon, Keyboard und elektronischen Klängen die düsteren Geschichten aus dem Lovecraft-Kosmos. Letztes Jahr erschien dann auch mit
Der Ruf des Dämon eine erste Hörbuchumsetzung, um die Schrecken auch in die heimischen Wohnzimmer zu tragen. Die düstere Atmosphäre, die das "Orchester der Schatten" erzeugt, wurde dabei gekonnt auf CD gebannt: Lovecrafts Geschichten, gelesen von Simon Jäger, unterlegt mit Freejazz und expressionistischen Klangteppichen, jagen einem wirkliche Schauer über den Rücken.
Offenbar war "Der Ruf des Dämon" erfolgreich genug, um das "Orchester der Schatten" noch einmal ins Tonstudio zu schicken: Vorhang auf für "H. P. Lovecrafts Wälder der Finsternis" Auf zwei Silberscheiben tobt sich das Orchester unter der musikalischen Leitung von Matthias Manzke diesmal aus. Die Geschichte "Das Bild im Haus" eröffnet dem Zuhörer die Schrecken eines scheinbar leerstehenden Hauses in einem abgelegenen, morbiden Teil Neuenglands; und im Lovecraft-Klassiker "Die Farbe aus dem All" stürzt ein Meteroit nahe der Stadt Arkham auf eine Weide, worauf sich ein seltsamer weißer Pilzbefall ausbreitet. Außerdem finden sich einige Gedichte des amerikanischen Horrorautors auf der CD - im englischen Original und übrigens auch im hübschen Booklet abgebildet! Hier schlüpft wie bereits beim Vorgänger der Schauspieler Simon Newby in die Rolle des Vorlesers. Sein Vortrag wird allerdings der satten, adjektivreichen Sprache Lovecrafts, die ja oft nur knapp an der Schwülstigkeit vorbeischrammt, nicht gerecht. Newby liest zu pathetisch, zu übertrieben. Dies trifft auch auf Torsten Sense zu, der die erste Geschichte "Das Bild im Haus" vorträgt. Auch Sense greift zu oft in die Effektkiste, so dass gerade der lange Prolog der Geschichte gefährlich nah an eine Karikatur heranrückt. Den verrückten Kannibalen allerdings füllt Sense gekonnt mit dem notwendigen Irrsinn. Dennoch: Ein wenig mehr Zurückhaltung wäre der Stimmung dienlich gewesen. Zum Glück hat den längsten Part ("Die Farbe aus dem All") wieder einmal Simon Jäger übernommen, der mit seinem dezenten, angenehmen Timbre und einer pointierten Betonung die Schrecken Lovecrafts adäquat einfängt. Zusammen mit der großartigen musikalischen Untermalung entsteht so in der Tat ein Wald der Finsternis, dessen dichtes Klanggestrüpp jeden Zuhörer fesseln wird.
Cthulhu-Fans und Lovecraft-Jünger werden auch an diesem Hörbuch kaum vorbeikommen: Das Werk des "Orchesters der Schatten" erschafft ohne Einschränkung die ultimative Lovecraft-Atmosphäre und schlägt einen sofort in seinen Bann. Und auch wenn dem Rezensenten der Vorgänger etwas besser gefallen hat - was vor allem an Simon Jäger lag - , müssen auch die "Wälder der Finsternis" ausdrücklich empfohlen werden. Nie war Gruseln stilvoller.