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David und Nathalie sind Bruder und Schwester. Beide wurden von den gleichen Eltern adoptiert und wuchsen wie Geschwister gemeinsam auf. Stets gab es zwischen den beiden Kindern ein ganz besonderes, inniges Band des Verständnisses und der Verbundenheit. Nun ist Nathalie mit Steve verheiratet und hat eine kleine Tochter namens Polly. Auch David hat eine Familie. Er ist mit Marnie, einer Kanadierin, verheiratet und hat drei Kinder, Ellen, Daniel und Petey. Aber auch jetzt, da die beiden unabhängig von ihren Adoptiveltern Ralph und Lynne ein eigenes Leben führen, gibt es Dinge, die sie sich nur gegenseitig erzählen können und niemand anderem sonst.
Als Nathalie eines Tages damit herausplatzt, dass sie nach ihrer biologischen Mutter suchen möchte, ist das für alle ein großer Schock. Auch David wird von diesem Entschluss überrumpelt, da Nathalie von ihm fordert, sich ebenfalls auf die Suche nach seiner Mutter zu begeben. Sie engagieren beide eine private Ermittlerin, die auch rasch die biologischen Mütter von David und Nathalie findet. Doch auch wenn es eine Sache ist, die lediglich die Vergangenheit der beiden Geschwister betrifft, wirkt sich doch ihre Suche nach ihrer Identität auf ihr gesamtes soziales Umfeld aus.
Steve ist verwirrt, da seine Frau immer so stolz darauf war, ihr Leben selbst bestimmen zu können und nie das Bedürfnis gehabt hat, in ihrer Vergangenheit zu wühlen. Durch ihre Suche wirkt sie auf ihn wie eine ganz andere Frau. Die bodenständige Marnie sieht sich ebenfalls damit konfrontiert, dass ihr Mann auf einmal eigene Wege geht. Beide jedoch haben keine so große Angst wie Lynne, die Adoptivmutter von David und Nathalie. Sie befürchtet von der geliebten Mutter in die Rolle der Frau gedrängt zu werden, die einer anderen das Kind weggenommen hat.
"Bruder und Schwester" beschreibt den langen und schmerzhaften Weg zweier Adoptivkinder auf der Reise in ihre eigene Vergangenheit. Geschickt werden die widerstreitenden Gefühle beshrieben, die die beiden Hauptfiguren auf ihrer Suche durchleben. Doch bei aller Konzentration auf die Adoptivkinder vergisst die Autorin dennoch deren familiäres Umfeld nicht. Statt lediglich die Geschichte aus der Sicht von Nathalie und David zu erzählen, wählt sie verschiedene Blickpunkte der betroffenen Personen. Somit kommt das komplexe soziale Netz und dessen Reaktionen auf die unerwartete und ungewöhnliche Situation gut zum Tragen und wird für den Leser spürbar gemacht.
Adoption ist ein sehr heikles Thema. Joanna Trollope widmet sich ihm mit sehr viel Feingefühl und Gespür für das Detail. Ein lesenswerter niveauvoller Familienroman über ein sensibles Thema.