Boris will Runner werden. Das Leben im Schatten bietet schließlich Abenteuer und Action, zumindest nach den Trids, die Boris regelmäßig konsumiert. Doch als wohlbehüteter Konzernssohn hat er nicht die Möglichkeiten, auszubrechen.
Bei einer Geschäftsreise seines Vaters, an der die gesamte Familie teilnimmt, packt Boris die Gelegenheit beim Schopfe und brennt durch. Er krallt sich noch ein paar Credsticks und ist verschwunden. Er sucht sich die Runner Theseus, Cinque und Key aus, damit sie ihn ausbilden. Für Boris eröffnet sich eine neue Welt, ohne Regeln, ohne Mitleid und voller Brutalität. Doch bald steht der erste Job an und Boris fiebert diesem entgegen.
In der Zwischenzeit hat sich jedoch ein Team unter der Leitung eines skrupellosen Zwergs an Boris’ Fersen geheftet. Die Gang ist auf der Jagd nach einem der Credsticks, die Boris hat mitgehen lassen. Die im Hintergrund befindlichen Auftraggeber setzen alles daran, den Credstick zu bekommen, koste es, was es wolle.

Dieser Roman aus der "Shadowrun"-Welt stellt in mancher Hinsicht eine Premiere dar. Zuallererst basiert dieser Roman auf der vierten Edition des Rollenspiels "Shadowrun". Es tauchen einige bis dahin unbekannte Begriffe auf. Auch spielt er vor Gegebenheiten des kürzlich veröffentlichten Hintergrundbands "München Noir". Auch hat die Zeit einen Sprung nach vorne gemacht. Das aktuelle Jahr ist 2070. Die Matrix ist inzwischen kabellos erreichbar und sie begleitet die (Meta-)Menschen fast auf Schritt und Tritt. Zum Zweiten ist dies der erste Roman von Boris Koch im "Shadowrun"-Universum.
Daher hat "Der Schattenlehrling" durchaus nicht nur für die Romanfigur viel Neues zu bieten. Vielmehr ist es für viele Leser eine gute Gelegenheit, zusammen mit der Romanfigur Boris die neue Welt zu erkunden.
Die Geschichte an und für sich ist sehr einfach gestrickt, lebt aber sehr von den Eindrücken Boris’. Der Autor vermag es gut, seine Hauptfigur darzustellen. Die Kluft zwischen dem harten Möchtegern-Runner und dem pubertierenden Jungen ist förmlich spürbar. Auch das Anheuern der Runner Theseus, Cinque und Key und deren Auffassung vom Leben im Schatten ist gut beschrieben. In dieser Umgebung lernt der Junge sehr schnell, was es heißt, Runner zu sein. Er sieht, was es bedeutet, einen Job an Land zu ziehen, nicht das machen zu können, was man möchte und vieles mehr.
Diese Seite hat der Autor sehr gut dargestellt. Was allerdings in diesem Buch auch vorkommt, ist eine neue Art der Brutalität. Hier kann Boris Koch, bekannter als Autor von Horrorgeschichten, auf sein hinreichendes Wissen über die Abgründe der Menschen zurückgreifen. Es werden auch sehr viele Gegebenheiten geschildert, welche so noch nicht in Romanen von "Shadowrun" vorkamen, zum Beispiel Vergewaltigungen durch oder von Critter. Dies und ähnliches mag den einen oder anderen Leser überraschen, im Gegensatz dazu waren viele vorangegangene Romane eher seicht. Dennoch passt auch dieses in die Geschichte und zeigt einmal mehr auf, in welche Richtung in dieser Welt noch gegangen werden kann.

Da die Geschichte, wie schon erwähnt, einfach gestrickt ist, kann man das Buch sehr schnell durchlesen. Viele kleine Spannungsbögen sorgen dafür, dass man diesen kurzen Roman geradezu verschlingt. Es ist schön zu lesen, dass man selbst in der fortgeschrittenen Welt von "Shadowrun" keine großen Verschwörungen braucht, um eine Geschichte zu erzählen. Abgerundet wird dieser Roman durch das übliche Glossar, welches jedoch um die neuen Begriffe erweitert wurde.

Alles in allem ist dieser Roman kurz, solide und gut. Für Shadowrunkenner ist einiges Neues dabei. Für Neulinge ist der Roman nur bedingt zu empfehlen, da einiges an Wissen über die Welt vorausgesetzt wird.


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