Martin und Maria sind in Venedig. Weil es so weit weg ist. Hier können sie sich gegenseitig beschnuppern und kennen lernen, ohne die Gespenster des Alltags abwehren zu müssen. Beide haben sich erst vor kurzem in einem Spielwarenladen getroffen. Und weil Martin so gedankenverloren vor den Spielzeugsoldaten stand musste Maria lachen und so entstand der erste Kontakt.
Martins Gedankengänge sind es, die wir in diesem Buch erfahren. Seine Geschichten, die er Maria in Venedig, der Stadt der Tauben und Gondeln, erzählt seine Eindrücke, seine Gedankengänge, an allem sind wir unmittelbar beteiligt. Das junge Pärchen spricht über fast alles in Bezug auf Liebe, deren Entstehung, deren Fehler, den Betrug und das Ende. Ungeschminkt beurteilen sie ihre vorherigen Beziehungen, die Gesellschaft und die anprogrammierten Verständnisschwierigkeiten zwischen Mann und Frau. Den Genuss einer kühlen erfrischenden Menta bekommen wir ebenso detailliert und unmittelbar mit wie Martins Befürchtungen, er hätte in Marias Augen versagt, sie würde ihm ins Gesicht schlagen und mit ihrem Mafiosiliebsten davon rauschen, während er von dessen Schlägern ein Messer in den Magen gerammt bekommt.
Das Erste, was einem an diesem Buch auffällt, ist die Tatsache, dass sämtliche Gedankengänge des Erzählers ungeordnet niedergeschrieben stehen. Es wird nicht nur die erlebte Geschichte erzählt, sondern auch seine befürchtungen, Hoffnungen, Ängste und Gedankenspielereien. So kann es vorkommen, dass ein Zeitrahmen von einigen Sekunden mehreren Minuten erlebter, gedachter Zeit entspricht. Durch diesen Kniff lässt sich der Roman sehr rasch und zügig lesen und man hat keine Probleme, oder eher keine andere Wahl als sich in die Hauptfigur hinein zu versetzen. Doch auch wenn der Grundtenor eine Liebesgeschichte ist, so beinhaltet sie doch weitaus mehr als nur das. Die tiefen Gespräche zwischen den Hauptpersonen regen den Leser zum Nachdenken an. Themen wie Liebe, Vorstellungen einer Partnerschaft und die Gesellschaft und der Staat werden diskutiert und von einen neuen Blickwinkel ausgeleuchtet.
Mit treffenden, bildlichen Beschreibungen wird man so tief, so umfassend in die Geschichte hineingezogen, dass einen Hunger überkommt, wenn Martin über seine heißgeliebten Sandwichs referiert. Es ist unmöglich sich der Poesie, der zarten und doch glühenden Sprache zu entziehen.
Gabriel Barylli hat es nicht nur geschafft, eine schöne poetische Geschichte einer beginnenden Liebe niederzuschreiben, sondern ein beweist ein treffsicheres Gefühl dafür, auf welche Punkte er den Finger legen muss, um den Leser zum nachdenken zu bewegen. Wir sind viel zu festgefahren in manchen Vorstellungen und werden von ihm manchmal vor den Kopf gestoßen, da er diese liebgewonnenen Gewohnheiten zertrümmert und in Frage stellt.
Ein herrliches Buch über die Liebe, ein ehrliches Buch über die Liebe und meiner Meinung nach extrem lesenswert.