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 Der Patient

Autoren: John Katzenbach
Übersetzer: Anke Kreutzer
Verlag: Knaur

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


An Frederick Starks 53. Geburtstag zerbricht dessen bis dato recht beschauliche Welt: Der erfolgreiche Psychotherapeut findet in seiner Praxis einen rätselhaften Brief, in dem ein offenkundig Verrückter mit dem Namen "Rumpelstilzchen" Forderungen stellt. Er gibt Starks fünfzehn Tage Zeit herauszufinden, wer hinter dem märchenhaften Pseudonym steckt. Andernfalls werde er nach und nach Starks Familie auslöschen. Der Brief, der mit der Zeile "Willkommen am ersten Tag Ihres Todes!" beginnt, lässt Frederick Starks noch eine weitere Option: Sollte er Rumpelstilzchens Identität nicht aufklären können, soll er sich nach Ablauf der Frist das Leben nehmen, dann bleiben seine Angehörigen verschont. Für Frederick Starks, genannt Ricky, beginnt ein Albtraum, der weit über den Zeitraum von fünfzehn Tagen hinausgeht. Der anonyme Briefeschreiber hinterlässt dem Psychotherapeuten Rätsel und Spuren, zudem darf Starks über die Tageszeitung drei Fragen an den Unbekannten richten, um seine Identität zu ergründen. Ricky ist schnell klar, dass es sich bei dem Mann, der seinen Selbstmord fordert, um einen ehemaligen Patienten oder aber einen Angehörigen eines Patienten handeln muss. Ein nervenaufreibendes und unfaires Katz-und-Maus-Spiel beginnt. Rumpelstilzchen zeigt Starks, dass er überaus mächtig ist, indem er nach und nach alles vernichtet, was dem Arzt lieb und teuer ist: seine Finanzen, seinen guten Ruf, sein Zuhause. Bis Starks aus Verzweiflung beschließt, den Spieß umzudrehen ?

John Katzenbachs Psychothriller "Der Patient" ist ein Roman, dem der Leser zwiegespalten gegenübersteht. Der Plot, die zahlreichen überraschenden Wendungen und die Ausweglosigkeit der Situation sind reizvoll und ziehen den Leser schnell in ihren Bann. Ebenso hilflos wie Frederick Starks sieht er sich dem Widersacher mit dem etwas albernen Namen "Rumpelstilzchen" gegenüber, der seinen teuflischen Plan, Starks zu vernichten, Stück für Stück in die Tat umsetzt. Aus der Ausgangssituation, die schon eine Menge typischer Thriller-Elemente bietet - anonymer Brief, skurriles Pseudonym, rätselhafte Bedrohung - spinnt der Autor sehr ausführlich eine Schnitzeljagd, die jedoch an zweierlei krankt. Zum einen wirkt vieles ein wenig klischeehaft, und vor allem sprachlich greift Katzenbach häufig tief in die Mottenkiste von Formulierungen, die man so schon viel zu oft gelesen hat. Der Roman liest sich so zwar leicht, aber er wirkt auch aufgesetzt und stellenweise entnervend. Das zweite Manko ist die unglaubwürdige Entwicklung des Protagonisten. Ist Frederick Starks am Anfang noch sehr selbstzufrieden, etwas behäbig, ja geradezu verweichlicht und weltfremd, so entwickelt er sich im Verlauf des Buches selbst zum eiskalten Rächer, zum gewandten Fallensteller, zum Strippenzieher der Handlung. Diese Entwicklung ist zwar interessant - immerhin ist es nachvollziehbar, dass Menschen aus Angst, Verzweiflung und weil sie keinen anderen Ausweg mehr sehen, ganz neue Wege gehen und alte Vorstellungen über Bord werden - sie kommt aber zu rasch. Dass "Ricky" - der Spitzname trägt leider nicht unbedingt zum Ansehen der Figur bei - zuerst überaus ängstlich und ausgeliefert ist und bei jedem Zug von Rumpelstilzchen mit Panikattacken und Schweißausbrüchen zu kämpfen hat, recht bald jedoch einen extrem cleveren und entschlossenen Plan ausheckt, um sich zu rächen, das wirkt insgesamt zu rasch, zu unglaubwürdig. Mit 750 Seiten bietet "Der Patient" sehr viel Raum, um den Plot in aller Ruhe auszubreiten - wahrscheinlich viel zu viel Raum, denn gerade die ersten paar hundert Seiten haben deutliche Längen. Die extreme Wandlung der Hauptfigur nimmt man dem Autor nicht so recht ab, auch wenn sie von langer Hand vorbereitet ist.

"Der Patient" könnte aufgrund der oft klischeehaften Sprache und der nicht ganz glaubwürdigen Hauptfigur allenfalls durchschnittliche Thrillerkost sein - wäre da nicht die packende Handlung, die einen trotz aller Klischees mitzureißen vermag. Hier blitzt tatsächlich manchmal das Talent des Autors durch, gewinnt sogar ein besserer Schreibstil die Oberhand; manche Wendungen verdienen tatsächlich Bewunderung. Atemlose Spannung kommt zwar nicht immer auf, denn Katzenbach lässt sich mehrmals lang und breit über Psychoanalyse aus, dennoch ist "Der Patient" insgesamt spannende Unterhaltung, mit interessanten Wendungen und einem Ende, das nicht unbedingt vorherzusehen ist. Für Fans von perfiden Schnitzeljagden und Rachefeldzügen auf jeden Fall ein Lesevergnügen, dabei nicht wirklich blutig oder brutal. Für Anhänger subtiler, eleganter Krimikost jedoch nicht wirklich zu empfehlen.

Christina Liebeck



Taschenbuch | Erschienen: 1. November 2006 | ISBN: 9783426629840 | Originaltitel: The Analyst | Preis: 8,95 Euro | 750 Seiten | Sprache: Deutsch

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