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Davide (Emanuelle Cerman) und Alice (Valeria Sannino) sind ein inzestuöses Geschwisterpaar, das auf der Suche nach etwas ganz Bestimmtem ist. Dies, so meinen sie zu wissen, werden sie nur in anderen Menschen finden. Drum holen sie sich andere Menschen und suchen in ihnen. Und um konsequent Menschen durchsuchen zu können, ist es von Vorteil, wenn sie nicht mehr zappeln, schreien und atmen. Und damit den Geschwistern nicht langweilig wird, machen sie ein bösartiges Spiel draus, lassen ihre Opfer leiden und nehmen das Ganze fleißig mit der Videokamera auf. Und zum Zeitvertreib spielen sie mit einer Frau (Liliana Letterese), die sie in einem Verschlag als Puppe halten.
Dann kommt plötzlich ein Fremder (Matteo Tosi) in ihr Versteck gestolpert. Er scheint keine Angst vor den beiden und ihren Spielchen zu haben, behauptet, immer dann Blut an seinen Händen zu sehen, wenn Davide wieder jemanden getötet hat, und verwickelt die beiden abgedrehten Geschwister, die einst ihre Eltern ermordeten, in ein verstörendes Psychospielchen ...
Frei nach Ambrose Bierce ist man als Kritiker dieses Machwerks versucht, es kurz und knapp abzuhandeln: Der zeitliche Abstand zwischen dem DVD-Menü und dem Abspann ist zu groß - bei dem amerikanischen Kritiker und Zyniker des 19. Jahrhunderts war es der zwischen Vorder- und Rückseite eines Buches. Allerdings bliebe dabei auf der Strecke, was zu dieser Einschätzung verleitet.
Da ist zu allererst diese seltsam spannungstötende Atelier-Atmosphäre, in der Horror-Regisseur Ivan Zuccon alle seine Filme dreht, bis sie aussehen wie eine der nie gezeigten Episoden einer beliebigen deutschen Seifenoper. Manche Szenen werden in der blaustichigen Video-Abspielgerät-Qualität der frühen Farbfernseh-Generation, andere in Schwarzweiß gedreht, manche werden immer wieder von Kleinstschnipseln an Fernsehschnee unterbrochen, um den Zuschauer auch ordentlich zu verstören. Daneben wird in Rückblenden die Geschichte um Alices Mord an der Mutter erzählt.
Zwischen Heimvideo und langweiligem Hochglanzfilm wird nun eine Geschichte gesponnen, die wieder einmal bestätigt, dass Horrorfilme ganz ähnlich konstruiert werden wie Sexfilme: Die Handlung dient nur dazu, das Publikum von einer blutigen Szene zum nächsten Psychospiel zu bringen, und ist ansonsten wenig erwähnenswert, auch wenn sie sich zwischenzeitlich um eine Überraschung bemüht. Leider geht diese in der gähnenden Langeweile unter, von der der Zuschauer inzwischen, nein, vielmehr bereits ab etwa der zehnten Minute befallen ist. Dumme Dialoge, blutverschmierte Charaktere, deren Tiefe entweder vordergründig oder im Falle der weiblichen Opfer auf den Ausschnitt beschränkt ist, und eine wenig erwähnenswerte Schauspielerleistung hat der Film ebenfalls aufzubieten. Richtige Schockeffekte gibt es nicht, Zuccon setzt mehr auf Blut und Psycho und bedient sich dabei furchtbar abgeschmackter Kameraperspektiven, etwa die Kamera, die den Füßen folgt, die eine Treppe hinauf gehen. Man hat zwischendurch genügend Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, warum Davide eine deutsche Armee-Jacke trägt, dann wird man abgelenkt von den Liebesspiel-Szenen der Geschwister, und vielleicht hat der eine oder die andere auch Mitleid mit dem Film und tut mal für eine Weile so richtig verstört. Immerhin wird gelegentlich ein Buch von Lovecraft in die Kamera gehalten, damit man auch weiß, mit welcher Grundeinstellung man diesen Film gucken muss - ah, Lovecraft, das wird bestimmt gruselig. Und dann wird man enttäuscht.
Die Extras runden das Gesamtbild gelungen ab: Neben dem üblichen Trailer- und Teaser-Angebot bekommt man ein Making-of zu sehen, allerdings auf Italienisch ohne Untertitel, so dass man genauso gut das Ganze vorspulen kann, wenn man dieser Sprache nicht mächtig ist. Dasselbe Problem hat man bei dem Kurzfilm "Bad Brains", der ebenfalls enthalten ist und einfach nur von dem Mord einer Tochter an ihrer Mutter erzählt und eine Pointe hat. Bei den Dialogen muss man kein Italienisch verstehen können, aber bei der Pointe ist man verloren, wenn man nicht gewillt ist, ein Italienisch-Deutsch-Wörterbuch zur Hand zu nehmen. Das Special-Effects-Feature ist eine Kombination aus Bilderfolgen von der Mache und den dazugehörigen Szenen aus dem Film - ja, scheinbar ist die Motte wirklich Computeranimiert. Das Schönste ist immer noch die Bildergalerie, die Bilder vom Dreh mit einer schön-schaurigen Musik zeigt. Die geschnittenen Szenen präsentieren eine, die überhaupt nicht nachvollziehbar ist, und eine weitere in vier Versionen, bei der die letztendlich im Film verwendete die schlechteste ist. Das alles mit englischen Menübezeichnungen und Titeln ... Und bei der Epix-Trailershow, die noch andere Filme des Regisseurs und ganz viel sonstigen Horror-Brei präsentiert, stellt man fest, dass es scheinbar einen weltweiten Wettbewerb um den stumpfsinnigsten Horrorstreifen gibt. Allein die Vorschau zu der Dokumentation "The Backyard" sollte die Frage klären, ob Gewalttaten Jugendlicher wirklich von Killerspielen herrühren: Hier finden in einem Hinterhof Dinge mit Stacheldraht, Reißzwecken und sonstigen Schmerzerzeugern statt - freiwillig, wohlgemerkt -, die "Jackass" wie einen missglückten Kindergeburtstag aussehen lassen. Warum so was vertrieben wird, ist nicht nachvollziehbar. Dann doch lieber "Bad Brains".
Dann liest man in der offiziellen Inhaltsangabe von Epix den Namen des Fremden, der die Geschwister im Film so durcheinanderbringt, und ist so schon nach wenigen Filmminuten im Bilde, um wen es sich da handelt - die einzige Überraschung in diesem Film ist dahin. Weiterhin wird eine britische Internetseite zitiert, deren Meinung nach dieser Film "der beste italienische Horrorfilm seit DELLAMORTE DELLAMORE" sei. Nun muss man aber wissen, dass besagter Zombiefilm eine astreine Parodie auf italienische Horrorfilme darstellt und der Vergleich über "Bad Brains" soviel aussagt wie ein Taubstummer bei der Polizei. Und wenn Zuccons Film "dem Stil des klassischen italienischen Horrorfilms" Referenz erweist, wie es beim "Weekend of Fear Festival" hieß, dann ist das aus Sicht des deutschen Horrorfilm-Konsumenten ein Armutszeugnis. Ein Horrorfilm sollte zumindest einen gewissen Thrill erzeugen, und dieser Effekt kann nur bei denjenigen auftreten, die dem italienischen Horrorfilm generell aufgeschlossen gegenüberstehen. Wer amerikanischen oder japanischen Horror gewohnt ist, dem wird dieser Film die Gedärme verknoten.