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Was hat Dr. Strunzl mit dem toten Adonis vor?
In Sonja Roths Villa am Stadtrand von Wien kommt es zu seltsamen Vorfällen, seit die Autorin von Heftromanen ihr Hinterhaus einem verschrobenen Historiker vermietet hat. Dieser Dr. Heribert Strunzl führt offenbar Experimente durch, die nicht jeder sehen soll. Dazu braucht er die Asche berühmter toter Wienerinnen - sowie die Überreste des gefeierten Musical-Stars Adonis Götterl. Strunzls geheimer Plan ist grausig - doch er hat die teuflische Rechnung ohne Sonja und ihren Hausfreund Harry gemacht...
Barbara Büchner versteht zu schreiben. Das wissen die Leser ihrer Bücher. "Die toten Weiber von Wien" ist wieder einmal ein Buch der Wiener Autorin, das die ganze Bandbreite ihres schriftstellerischen Könnens in sich vereint: Humor, filigrane Schreibkunst, Spannung, ungewöhnliche Plotstrukturen, gute Recherche und vieles mehr.
Der Titel handelt von einem verschrobenen Historiker (Dr. Heribert Strunzl), der das Gartenhaus der Villa der über fünfzigjährigen Heftromanautorin (Sonja Roth) mietet, um dort höchst morbide Experimente durchzuführen. Doch Sonja, die zuerst erfreut über den vermeintlich älteren und ruhigeren Wissenschaftler war, und ihr Hausfreund (Harry, ein gescheiterter Englischlehrer mit Hang zu Drogen, der sich von betuchten älteren "Damen" aushalten läßt) bemerken sehr schnell, daß mit dem Professor, der ständig dick vermummt herumläuft, irgend etwas nicht stimmt, versuchen ihm hinter die Schliche zu kommen, decken auf, daß es wohl einen Zusammenhang zu Grabschändungen der Vergangenheit gibt und geraten in tödliche Gefahr...
Was Barbara Büchner wie keine andere beherrscht, ist die hohe Kunst verschiedene Handlungsbögen zu verknüpfen. So geschickt, daß sie einen nahtlosen Übergang gewährt. Auch in diesem Roman. Und das ist die wahre Größe, die diese Autorin ausmacht!
Zum einen folgt der Leser Sonja und Harry auf den Spuren des nekrophilen und okkulten Wiens und erfahren so eine Menge über die Geschichte der Stadt. In die spannend erzählte Gruselkrimistory hat die Autorin geschickt Lokalgeschichte, Sagen, Anekdoten und historische Kriminalfälle der Stadt Wien in die Handlung eingeflochten. Das macht die Besonderheit dieses Buches aus.
Aber nicht nur das.
Auch die ganze "spezielle" Beziehung der Protagonistin und ihrem erheblich jüngeren Liebhaber. Obwohl Sonja sehr wohl bewußt ist, daß er sich finanziell von ihr aushalten läßt
- "Unglaublich, was ein Mann alles aus seinen Lenden herausholen kann, wenn er befürchten muß, mitten im eiskalten Wasser auf der Straße gesetzt zu werden!" -
und er im Bett nicht unbedingt der "Bringer" ist,
-"und die Leistungen im Bett ließen ebenfalls sehr zu wünschen übrig. Ein Mann, der im Geist mit Dämonen kämpft, kann sich nicht auf seinen Schwanz konzentrieren."-
ist die Beziehung durchweg positiv. Und gerade diese beschreibt die Autorin so sympathisch
- "..aber Männer neigen sehr schnell dazu, sich für unersetzlich zu halten, sogar Männer wie Harry, und eine kleine Beunruhigung hin und wieder tut ihnen nur gut...!" -
und humorvoll, daß der Leser das ungewöhnliche Paar sofort ins Herz schließt.
Besonders amüsant sind die erotischen Szenen, weil die Autorin in ihnen ihren besonderen Humor unter Beweis stellen kann. Offen kommen sie daher, aber nicht bis ins kleinste Detail, genau die Dosierung, die gute Unterhaltung ausmacht.
An diesem Buch stimmt einfach alles, und Barbara Büchner zeigt damit wieder einmal, dass sie eines wirklich kann: SCHREIBEN!
Einen Satz von ihr kann ich nur unterstreichen, habe ich ihn mir auch längst auf die Fahne geschrieben: "Ich finde, eine wirklich emanzipierte Frau hat es gar nicht notwendig, ständig auf ihre Stärke zu pochen. Nur die Starken haben den Mut, sich beschützen zu lassen."