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Der Tosa Verlag aus Wien hat es sich zur Aufgabe gemacht, seinen Lesern die Welt der Erotik mit ausgewählten Romanen näher zu bringen. "Die Mädchen der Pagode" ist ein Buch dieser Reihe, das sich mit der fernöstlichen Verführung beschäftigt. Man rechnet es wegen des sehr ähnlichen Stils dem asiatischen Autor Li Yu-Chen zu, der um 1800 gelebt hat, aber Genaueres ist nicht bekannt; da die Geschichte bereits dreihundert Jahre früher spielt, bietet auch das wenig Möglichkeit zu Spekulationen.
Im 15. Jahrhundert leben genau einhundert hübsche Frauen in dem so genannten "Blumenhof", einer abseits jeder Stadt gelegenen Pagode am Ufer eines Flusses. Eine Brücke führt den Besucher hinüber. Die Pagode bietet ihren Besuchern die Befriedigung körperlicher, aber auch geistiger Bedürfnisse in den Armen der Schönheiten, die hier zu Hause sind. Die Herrin der Pagode, Su-ngo, behält das Wohlergehen sowohl der Gäste als auch ihrer Mädchen stets im Auge.
Nun kommt es aber, dass ein Sturm den Fluss anschwellen lässt und die Brücke der Pagode, die an einem Berghang liegt, mit sich reißt. So sind die Blumenmädchen erst einmal von der Außenwelt abgeschnitten. Um sich die Zeit zu vertreiben, bis die Wege für die Freier wieder passierbar sind, erzählen sich die Damen untereinander erotische Geschichten zum Schauern und Schmunzeln, zum Nachdenken und zum Lachen. So berichtet eines der Mädchen von zwei Brüdern, von denen der eine gar nicht so männlich ist, wie er tut, ein anderes weiß die Geschichte von einem Mann, der die schöne Tochter eines wohlhabenden Mannes zur Frau will; da er zwar reich ist, aber weder besonders klug noch schön, entsendet er seinen gebildeten, schönen Vetter statt seiner, um die Gunst von Tochter und Vater zu gewinnen - mit ungeahnten Folgen ?
Solche und ähnliche Geschichten gibt es zuhauf in "Die Mädchen der Pagode". Sie besitzen wenig Tiefe und Ausgefeiltheit, sind aber unterhaltsam und märchenhaft geschildert, so dass die Oberflächlichkeit kaum stört.
Bei der Schilderung der sexuellen Handlungen, die natürlich in jeder Geschichte eine Rolle spielen, schwankt die Wortwahl indes; meist sind die Begriffe gut gewählt und das Gemeinte zeigt sich oft angenehm blümerant und verspielt umschrieben. Hin und wieder aber blitzen plumpe Bezeichnungen auf, die dem Erzählten die Sinnlichkeit nehmen, und zusammen mit der fehlenden Varietät der amourösen Begegnungen sind dies zwei Kritikpunkte, die bei der Thematik des Romans umso bedauerlicher sind.
Nicht jede Geschichte, die von den Blumenmädchen - ein Beispiel für verspielte Bezeichnungen, denn nichts anderes als Prostituierte sind damit gemeint - erzählt wird, weiß zu gefallen, manche ähneln sich oder weisen ähnliche Elemente auf. Dies wiederum wird durch den märchenhaften und leichten Stil wettgemacht, der dafür sorgt, dass die 285 Seiten rasch zu Ende gelesen sind.
Freunde klassischer Erotikliteratur werden in "Die Mädchen der Pagode" gewiss die eine oder andere Erzählung finden, die ihnen zusagt. Leider bleiben Ideenreichtum und Virtuosität trotz des leichten, blumigen Stils auf der Strecke, und so ist dieser Roman weder ein besonders herausragender noch ein besonders schlechter Meilenstein der erotischen Lektüre.