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Als Kommissar Harald Fors in einem kleinen Laden eine Packung Milch kauft, ahnt er noch nicht, dass damit der bisher schwerste Fall seiner Laufbahn beginnt. Als er aus dem Geschäft kommt, wird er von mehreren Jugendlichen brutal überfallen, seine Dienstwaffe wird entwendet.
Während sich Fors noch im Krankenhaus von den Folgen des Überfalls erholt, fallen in der Cafeteria einer Schule mehrere Schüsse. Ein kleines Mädchen ist sofort tot, eine Küchenhilfe wird durch einen Schuss ins Gesicht schwer verletzt, zwei andere Kinder werden später ihren schweren Verletzungen erliegen. Für Fors brechen neben den fieberhaften Ermittlungen auch eine Zeit des bangen Wartens an: Wurden die tödlichen Schüsse aus seiner Dienstwaffe abgefeuert? Obgleich den Kriminalkommissar, der von Kollegen und Vorgesetzten allgemein als "bester Polizist" beschrieben wird, keine direkte Schuld trifft, kann er mit dieser Vermutung nicht umgehen. Wenig später werden die Wände einer Schule beschmiert - vierzehnmal hat jemand in riesigen Buchstaben das Wort "Kill" daran geschrieben
Mit "Kill" hat der schwedische Autor Mats Wahl den dritten Teil seiner Romanreihe um Kommissar Fors vorgelegt. Der Roman ist in sich abgeschlossen; Kenntnisse der vorangegangenen Teile sind nicht erforderlich, um die Handlung zu verstehen. Kritiker haben den Vergleich mit Henning Mankells Wallander-Krimis gezogen, und in der Tat ist dieser Vergleich teilweise berechtigt: Ähnlich wie Mankell nutzt auch Wahl eine eher kühle, präzise Betrachtung der Gegebenheiten, die nichts unnötig aufbauscht, die aber durch die richtigen Worte Schmerz und Leid heraufbeschwören kann, wenn es nötig ist. Dennoch ist "Kill", obgleich der Roman von der Grundstimmung her recht düster ist, eher auf Jugendliche als auf erwachsene Leser zugeschnitten. Mats Wahl hat lobenswerterweise auf so manche Actionszene und andere typische Elemente von Jugendkrimis verzichtet, sie hätten zu dieser Geschichte ohnehin nicht so recht gepasst. "Kill" ist ein ruhiges Buch, das für eher ungeübte junge Leser teilweise langweilig sein könnte. Die Handlung besitzt einen eher subtilen Sog und wird von einer positiven Detailverliebtheit und einem offenen Realismus getragen.
Obgleich Mats Wahl sich an Jugendliche richtet, ist der Roman in der Sprache der Erwachsenen geschrieben - und nimmt die Jugendlichen ernst, indem er ausspricht, was Sache ist. Anstatt drumherum zu reden oder vieles unnötig auszuschmücken, stellt der Autor den Schrecken einer Schießerei an einer Schule als durch und durch kalten, realen Schrecken dar. Eher nüchtern werden der Überfall auf Fors und der Ablauf der Schießerei beschrieben, leidenschaftlich und grausam hingegen ist die Szene, in der die Pfarrerin der Stadt einer Mutter die Nachricht vom Tod ihrer Tochter überbringt. Die Auflösung ist ein wenig überraschend und angenehm unspektakulär. Mats Wahl beleuchtet Täter- und Opferseite gleichermaßen, ohne den Schmerz und die Wut der Opfer zu relativieren. Wie andere schwedische Autoren wirft auch er einen Blick auf die Verrohung der Gesellschaft, auf die zunehmende Bereitschaft auch von Kindern und Jugendlichen, brutale Gewalt gegen Andere auszuüben. Die Schulmassaker von Littleton und Erfurt haben die USA und Deutschland traumatisiert - Mats Wahl stellt in seinem Roman dar, wie ein ähnliches Szenario Schweden treffen könnte. Das hier Beschriebene könnte überall passieren.
Insgesamt ist "Kill" ein prägnanter, bedrückender, durchweg spannender und sehr realistischer Roman, der Jugendliche ab dreizehn Jahren anspricht und auch Erwachsenen gefallen wird. Die eher ruhige Erzählweise sollte man auf sich wirken lassen. Mats Wahls präzise Dialoge und kurze Sätze hinterlassen einen größeren Eindruck als lange Erklärungen und erzählerische Ausschmückungen. Das Thema ist topaktuell und wirft einen bedrückenden Blick nicht nur auf die schwedische Gesellschaft.