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Blum hat nur noch eine Chance: Er muss den Koffer Pornohefte diesem "Pseudo-Italiener" verkaufen. Blum ist das schäbige Hotelzimmer satt. Die maltesische Polizei hat ihn gewarnt. In drei Tagen läuft sein Visum ab und dann wird er ausgewiesen. Doch der Italiener bietet ihm fünfhundertfünfzig Dollar für die alten dänischen Pornos. Kaum zu glauben.
Am Abend nimmt Blum den alten, verschlissenen Koffer und macht sich auf den Weg. Kaum zweihundert Meter weiter wird er angerempelt und der Koffer ist futsch. Trotzdem geht Blum zu dem Hotelzimmer, wo er die Pornos verkaufen wollte. Aber das Zimmer ist verwüstet und keine Spur von dem Italiener. Unter dem Bett findet er nur die Perücke des Gecken. Innen klebt ein Gepäckaufbewahrungsschein für ein Gepäckstück, das in Deutschland in einem Hotel hinterlegt wurde. Blum ergreift diesen letzten Strohhalm und reist am nächsten Morgen ab.
In Frankfurt händigt man ihm einen Karton aus, in dem er Rasierschaum findet, oder vielmehr: seltsam schwere und keinen Rasierschaum enthaltende Blechdosen. Kokain. Absolut reines Kokain im Wert von einer halben Millionen Mark. Aber wie es verkaufen, ohne ans Messer der Mafia geliefert zu werden? Eine Odyssee beginnt für Blum und mehr als einmal sieht er sein letztes Stündlein geschlagen.
Der 1982 erschienene Roman von Jörg Fauser ist einer der wenigen großen deutschen Kriminalromane. Er ist zynisch, bis ins Detail kalt und akkurat, ohne Ausschweifungen und Moralpredigten, ohne Mord und ohne Ermittlung. Fauser, fünf Jahre nach dem Erscheinen von "Der Schneemann" im Alter von dreiundvierzig Jahren tödlich verunglückt, gehört auch heute noch zu den erfolgreichsten deutschen Kriminalautoren. Seine wenigen Bücher wurden immer wieder aufgelegt und erreichen hohe Verkaufszahlen.
Dieses Hörbuch ist der erste Versuch, seine Romane auch als Hörbuch erfolgreich zu verkaufen. "Hörbuch Hamburg" wagt es, einen Roman, der ein melancholisches, deprimierendes Deutschlandbild der späten siebziger Jahre entwirft und einen desillusionierten Helden zeigt, der als Gejagter, als Loser zum Spielball gnadenloser Kräfte wird, zu vertonen.
Die Ära Kohl, die Schröderjahre sind vorüber und dieses Hörbuch wirft ein Schlaglicht auf das Deutschland der "Nach-68er", der Baader-Meinhof-Schrecken in Gestalt der RAF, der Drogenpartys und der Promiskuität vor Aids.
Dem Hörbuchverlag ist mit der Auswahl des Sprechers für dieses launige, trübe und episodenhafte Drama rund um den Verlierer Blum ein Meisterstück gelungen. Heikko Deutschmann gelingt es perfekt, diesen Blum zu charakterisieren und die kurzen, exakten, fast rüden Sätze so klingen zu lassen, wie man sie sich vorgestellt hat. Seine Lesung ist die Rettung dieses Romans. Er wird zu einem fast zeitlosen, immer interessanten, gelegentlich sogar spannenden Drama. Ein Kriminalroman im Sinne des Wortes kann dieses Buch von Jörg Fauser nicht genannt werden, das versucht Deutschmann aber auch gar nicht. Er konzentriert sich auf Blum, auf die traurigen Zwischensequenzen, auf die einmalig realistischen Beschreibungen der Tristesse an den Randzonen der prosperierenden Bundesrepublik. Er betont den Charakter dieses Romans als Deutschlandbild, als Spiegel der Verlierer dieser Wirtschaftswunderwelt, als Lesung über einen Mann, der nie klein bei gibt, immer aufs Neue aufsteht, aber immer wieder "eins in die Fresse kriegt".
Fazit: Dank Heikko Deutschmann ist dieser "Fauser" ein gelungenes Experiment. Dieses Buch, das wie kaum ein anderes in seine Zeit passte, ist auch heute noch hörenswert, weil es der richtige Mann vorliest.