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Jeder, der sich mit Japan beschäftigt oder sich für Samurai interessiert, wird schon mal über diesen Begriff gestolpert sein: bushidô, der Weg des Kriegers.
Wer sich mit diesem speziellen Thema näher befasst, wird schnell feststellen, wie sehr der bushidô polarisieren kann. Für die Gegner handelt es sich dabei um reaktionäres, rechtslastiges Gedankengut, das unweigerlich mit Krieg und Totalitarismus verbunden ist. Für seine Anhänger ist diese Samurai-Ethik eine Grundlage asiatischer Weisheiten, verbunden mit ritterlichen Tugenden.
Was genau ist bushidô? Eine Art Religion? Oder die einfache Verbindung von Kampfkunst mit Versatzstücken aus dem Zen-Buddhismus? Und welche Seite hat in diesem Streit Recht?
Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, macht sich Gerhard Bierwirth daran, in seinem Essay den bushidô zu dekonstruieren. Dabei geht es dem Autor nicht um eine Beschreibung der Samurai und ihrer Ethik, sondern um die Samurai-Erzählungen in ihren unterschiedlichen Darstellungsformen. So werden neben historischen Schriften auch moderne Romane oder Filme hinzugezogen.
Der Essay besteht aus sieben Kapiteln, wobei der Hauptteil im sechsten Kapitel liegt.
So wird im ersten Kapitel auf den "pseudo-religiösen" Charakter des bushidô eingegangen und einige Mythen, wenn schon nicht völlig beseitigt, so doch zurecht gerückt. Gerade in diesem Kapitel ist die Auseinandersetzung des Autors mit einigen Größen des Fachs sehr unterhaltsam.
Im zweiten Kapitel wird die "Präsenz der Samurai-Erzählung in Japan und im Ausland" analysiert. Hier vermag die gelungene Mischung zwischen Klassikern des Genres und zeitgenössischen Medien wie Filmen zu belehren und zu unterhalten.
Das dritte, äußerst kurze Kapitel beschäftigt sich mit der Ideologiekritik und der Verbindung zwischen bushidô und Krieg.
Kapitel vier und fünf bieten dann eine thematische und theoretische Vorbereitung für den Hauptteil des Essays im sechsten Kapitel. Hier geht es um Themen wie Individualismus und die Frage, wie japanisch Samurai eigentlich waren. Diese Teile sind etwas trocken und sehr anspruchsvoll geschrieben, bilden aber das nötige Gerüst für die Argumentation im sechsten Kapitel. Diese ist wiederum sehr aufschlussreich und vermag zu überraschen und zu belehren.
Der Text ist interessant und meist auch flüssig zu lesen, wird aber mit zunehmender Nähe zum Hauptteil hin anspruchsvoller uns dadurch schwieriger. Es lohnt aber, auch die etwas theorielastigeren Kapitel zu lesen - die Auflösung des Essays ist lehrreich und äußerst interessant.
Trotz dieses Anspruches ist das Buch auch für Leute geeignet, die sich einfach nur für Samurai oder den bushidô interessieren und mal einen tieferen Blick in die Materie werfen wollen. Lohnen wird es sich auf jeden Fall.