Das Auge des Golem ist der zweite Teil der Bartimäus Trilogie. Seit dem ersten Teil Das Amulett von Samarkand ist einige Zeit vergangen. Nathanael, der sich John Mandrake nennt, ist persönlicher Assistent des Leiters für innere Angelegenheiten. Er hat es sich zum Ziel gesetzt, endlich die Widerstandsbewegung zu zersprengen. Doch jegliche Versuche mehr über sie in Erfahrung zu bringen scheitern. Selbst seine List, zwei Dämonen als Waisenkinder getarnt magisches Diebesgut verscherbeln zu lassen, bringt ihn nicht in Kontakt. Es scheint, als wären sie immer einen Schritt voraus.

Doch bald ist dies nicht sein einziges Problem. Mitten in der Stadt wird auf einmal ein ganzer Gebäudekomplex verwüstet. Es gibt keinerlei Hinweise auf einen Täter. Sämtliche magische Vorrichtungen haben versagt und einige Dämonen sogar ihr Leben gelassen. Das Ganze ist extrem rätselhaft und auch wenn Mr. Duvall, der Polizeichef, die Widerstandbewegung dafür verantwortlich macht, kann Nathanael nicht so recht daran glauben. Dies ist nicht ihre Handschrift. Aber um mehr heraus zu finden benötigt er angemessene Hilfe und so beschließt er, Bartimäus wieder zu beschwören.

Der Dschinn ist mehr als aufgebracht, daß Nathanael sein Wort bricht. Denn beide hatten die Vereinbarung getroffen, einander nicht wieder zu sehen. Zumal die Verhandlungen mit dem Dschinn schon dadurch erschwert sind, daß er den Geburtsnamen des Zauberers weiß. Doch letztendlich muß sich Bartimäus fügen und erkennen, daß John Mandrake ein waschechter Zauberer ist: arrogant, hochmütig und egozentrisch, kurz gesagt, unausstehlich.

Auch an Kitty, die damals dem jungen Nathanael seinen Zauberspiegel gestohlen hat, ist die Zeit nicht spurlos vorbei gegangen. Gemeinsam mit anderen Jugendlichen ist sie in der Widerstandsbewegung aktiv. Ihre Mitglieder rekrutieren sich aus Gewöhnlichen, die gegen Magie gefeit sind und sie teilweise sogar aufspüren und sehen können. Ihr nächster Coup soll die entscheidende Wendung bringen, damit die Regierung sie endlich ernst nimmt.

Wie schon im ersten Teil beleben Bartimäus erfrischend boshafte Kommentare und Anekdoten den Roman. Er ist der unbeteiligte Zuschauer, oder das arme Opfer, so sieht er sich jedenfalls, der das Verhalten der anderen beurteilt und kommentiert. Im Gegensatz zu seinem Meister scheint er sogar ein Gewissen zu haben, was er allerdings nie zugeben würde. Die politischen Intrigen in England, die unbekannte große Bedrohung, sowie die Tätigkeit des Widerstandes, schaffen ein enges Netz an Action und Spannung. Mit gezielten Erzählwechseln wird ein dichtes Bild geschaffen, in dem viele unterschiedliche Blickwinkel beleuchtet werden. Durch Kittys Augen rechtfertigt sich der Widerstand und seine Aktionen. Bartimäus leidet oder jammert vielmehr stellvertretend für die restlichen Dämonen, während sein Herr in den Fängen der Regierung immer mehr von seinen früheren Idealen und seinem eigentlichen Potential abweicht.

Eine Prise Sarkasmus, etwas Mystik, englische Politik, Zauberei und Humor bilden den Nährboden, aus dem diese herrlich lustige und spannende Erzählung erwächst. Ein erwachsenes Jugendbuch oder ein jugendliches Buch für Erwachsene, man kann sich schwer entscheiden. Durch die passende Erzählweise attraktiv für Jugendliche, macht es doch der Humor und Zynismus interessant auch für weitaus ältere Leser.

Das Versprechen des ersten Teiles hat der zweite gehalten und wird der dritte wohl zu einer vielversprechenden Vollendung führen. Spannend, lustig, lesenswert!