Es gibt viele Möglichkeiten, die Ursprünge unseres heutigen Europas zu beschreiben. Der Historiker Mischa Meier hat sich entschlossen, anhand historischer Portraits aus der Spätantike und dem Frühmittelalter die frühsten Anfänge von dem, was wir heute unter "Europa" verstehen, zu zeigen und so etwas Licht auf die Anfänge unseres Europas zu werfen.

Das Buch selbst besteht aus 21 Kapiteln, die eine Zeitspanne von Konstantin bis Karl dem Großen abdecken. Die einzelnen Kapitel wurden jeweils von einem anderen Autor geschrieben und unterscheiden sich so in Aufbau und Stil, zum Beispiel in der Verwendung von Unterkapiteln. Somit ist die Lektüre abwechslungsreicher gestaltet, als dies bei nur einem Autor möglich wäre, und hilft auch, die Informationen besser aufzunehmen. Die einzelnen Texte werden durch 23 Karten und Abbildungen unterstützt. Besonders die Karten helfen bei der Einordnung und der Orientierung der Texte, wenn zum Beispiel Grenzen gezeigt werden.

Die Texte sind sachlich und informativ geschrieben, die Kürze der Kapitel (unter zwanzig Seiten) verhindert, dass die Texte trocken werden. So bekommt der Leser kurz und prägnant anhand des Portraits einer herausragenden Persönlichkeit eine Epoche vorgestellt und erfährt, was diese Zeit für das spätere Europa bedeuten kann. Denn dem Leser wird nicht eine Meinung aufgezwungen. Ob man die Leistung der Person schließlich auch als Leistung für das heutige Europa ansehen will, bleibt jedem selbst überlassen. Dieses Buch zeigt, dass es langfristige Prozesse waren, die auch nicht immer linear und kontinuierlich verliefen, aber die halfen, das heutige Europa zu formen.
Dabei werden in dem Buch nicht nur Kaiser und Könige vorgestellt. Genauso kommen Kirchenoberhäupter wie Leo der Große vor. Zudem hat man mit Irene auch eine Frau gefunden, die in dieser männerdominierten Zeit portraitwürdig erschien. Interessant in diesem Zusammenhang sind die Kapitel, die sich arabischen oder muslimischen Herrschern widmen und so die schon frühen Verbindungen von Orient und Okzident aufzeigen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieses Buch nicht nur für Leute geeignet ist, die sich für "Alte Geschichte" interessieren. Es ist ein interessantes, fachlich sehr versiertes Buch, das einen Blick in schwierige, ferne Epochen ermöglicht. Dabei werden sowohl die portraitierten Persönlichkeiten als auch ihre jeweilige Epoche anschaulich erklärt und in einen größeren Kontext eingeordnet. Das Buch schafft damit eine gelungene Verbindung von der "Alten Geschichte" in unsere heutige Zeit und zeigt, dass auch Ereignisse in dieser lange zurückliegenden Zeit heute noch von Bedeutung sein können.
Somit dürfte das Buch Studenten und geschichtlich Interessierten gleichermaßen gefallen.