Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Macalvie, der ehemalige Vorgesetzte von Inspektor Jury, legt niemals einen Fall zu den Akten, der ihm unklar erscheint. Der Tod einer Amerikanerin und zweier Engländerinnen verursacht ihm regelrecht Bauchschmerzen. Er zieht Inspektor Jury hinzu, dem er zutraut, mehr herauszufinden.
Einziger Anhaltspunkt ist ein Aufenthalt aller drei Verstorbenen in Santa Fe, der Heimat der Amerikanerin. Die Todesfälle, offiziell zu den Akten gelegt, lassen auch Jury nicht ruhen. Er vermutet einen perfiden Plan und ahnt, dass der vermeintliche Täter ein weiteres Mal zuschlagen wird. Aber wie er die Frauen ermordet hat und welchen Grund er für die Taten hat, kann Jury nicht herausfinden. Er beschließt, nach Santa Fe zu fliegen und dort Bekannte und Freunde der Toten zu befragen.
Auch der Freund Jurys, Melrose Plant, wird in die Ermittlungen involviert. Seine Nachforschungen in London scheinen aber ebenfalls keinerlei Anhaltspunkte zu ergeben. Macalvie, Jury und Plant haben selten einen Fall bearbeitet, der so wenig Spuren ergibt. Und dennoch sind alle drei Männer immer stärker überzeugt davon, dass hier ein Mörder sein Unwesen treibt, der ein viertes Mal zuschlagen wird, wenn sie sich nicht beeilen.
Der dreizehnte Band der Erfolgsautorin Martha Grimes, in dem sie den stillen, einsamen Inspektor Jury ermitteln lässt, erweist sich als harte Geduldsprobe. Fast ein Drittel des dicken Buches vergeht mit endlos erscheinenden Dialogen, ehe die drei "Mordopfer" aktenkundig sind. Ein weiteres Drittel reist Jury in der Weltgeschichte herum, um weitere, meist völlig sinnlose Gespräche zu führen. Währenddessen führt uns die Autorin die unvermeidlichen Nebenfiguren vor, die in jedem ihrer Romane für Atmosphäre sorgen - oder nerven, je nach Standpunkt.
Da aber diese Nebenfiguren, wie zum Beispiel Polly Praed, Diane Demornay, Carol-Anne, Inspektor Lasko, Inspektor Wiggins, Frau Bassermann, die Cripps, Trevor Sly und Vivian Rivington, seit zehn Jahren - solange ermittelt der Inspektor mindestens schon - ein immer gleiches, unveränderliches Leben führen, interessieren sie den Leser nicht mehr. Äußerst nervige Dialoge füllen mindestens einhundert Seiten dieses Buches, in denen es immer nur wieder um diese Personen und ihre komplizierten und langatmig auseinanderklamüserten Beziehungen untereinander geht.
Leider ist der Kriminalfall von solch exquisiter Langeweile, dass man sich immer wieder fragt, ob denn hier Ermittlungen geführt oder manierierte Stereotype abgehandelt werden.
Zum Schluss weiß man, dass letzteres stimmt - hier ist nicht ein Mordfall Thema, sondern die Unveränderlichkeit der britischen Polizei, des Landadels und die bis zum Exzess gesteigerte Vorliebe der Autorin, sich in endlosen Beschreibungen unwichtiger Details zu ergehen.
Die Krimiserie um Inspektor Jury ist zweifellos bereichernd für das Krimigenre. Leider aber sind die Ermüdungserscheinungen unverkennbar. Wer keine Charaktere mehr einzuflechten in der Lage ist und die altbekannten Personen sich als statisch erweisen, die Krimihandlung immer weniger Umfang hat und keinerlei Spannungsmomente mehr setzt, der verwertet zwar ein Erfolgskonzept, verliert aber immer mehr an Glaubwürdigkeit. Hier ist ein Tiefpunkt erreicht, der leicht dazu führen kann, dass man in der Zukunft einen Bogen um "Inspektor Jury" macht. Denn irgendwann will ein Leser einfach nicht mehr lesen müssen, dass Melrose Plant auf seinen Adelstitel verzichtet hat - mittlerweile hat man das nämlich gefühlte einhundertelfmal vorgebetet bekommen. Und wenn tatsächlich jemand diesen Langweiler von einem Schlossbesitzer mit Lord Peter Wimsey, dem Helden der Bücher von Dorothy L. Sayers, vergleichen sollte, gehören ihm die Ohren lang gezogen.