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San Sebastian, Spanien im frühen 17. Jahrhundert: Die fünfzehnjährige Catalina de Erauso stammt aus einer adligen baskischen Familie. Über ihr Leben im Kloster ist das ungestüme Mädchen, das sich gerne in abenteuerliche Kampfszenen hineinträumt, zutiefst unglücklich. Sie bewundert ihren Bruder Miguel, der als Soldat in die Ferne ziehen darf. Als Catalina erfährt, dass sie in wenigen Wochen ihr Gelöbnis ablegen und endgültig Nonne werden soll, gibt es für sie nur einen Gedanken: die Flucht aus dem strengen Kloster. Die Flucht gelingt tatsächlich, und Catalina wird schnell klar, dass sie auf die Unterstützung ihrer Eltern nicht mehr hoffen kann und dass sie sich allein durchschlagen muss. Doch wie? Ohne zu zögern schneidet sich das Mädchen die lange Haarpracht ab und kleidet sich in gefundene Männergewänder. Fortan lebt sie unter dem Namen Francisco.
Bald trifft sie auf den jungen Mikel, der sich ihrer annimmt und ihr zeigt, wie man auf der Straße überleben kann. Catalina verliebt sich in Mikel, der nicht ahnt, dass sich unter dem kurzen Schopf ein Mädchen verbirgt. Doch die Wege der beiden trennen sich bald, denn Mikel gibt Catalina in die Obhut von Georges, damit sie dort ein Handwerk lernen kann. Catalina denkt jedoch nicht daran, bei Georges zu bleiben. Über viele Umwege und mit vielen durchstandenen Abenteuern reist sie Mikel nach - zunächst durch Spanien, schließlich bis nach Peru. Dort wird sie zum Soldaten der spanischen Armee und trifft sogar ihren Bruder Miguel wieder. Und ständig lebt Catalina unter der Angst, dass jemand ihre Verkleidung durchschaut - und sie dann auf dem Scheiterhaufen verbrennen muss ?
Frauen, die sich als Männer ausgaben, um zu überleben und ihr Glück zu machen, hat es zu allen Zeiten gegeben. Die berühmtesten von ihnen sind heute Grundlage für zahlreiche fantastische und hoch spannende Geschichten, teils historisch sehr fundiert belegt - wie etwa das Leben von Jeanne d?Arc - oder auch als Legende wie die Päpstin Johanna. Auch Catalina von Erauso, die aus dem Kloster floh und unter anderem zum Fähnrich der spanischen Armee in Peru wurde, hat es wirklich gegeben. Die Autorin Lea Korte hat ihre Lebensgeschichte in einem Roman verarbeitet, der sich an den historischen Fakten orientiert, der aber - typisch für Historienromane - zahlreiche Begebenheiten und Figuren hinzu erdichtet hat. In der Flut von historischen Erzählungen, die den Buchmarkt in den letzten Jahren geradezu überschwemmten, finden sich viele äußerst anspruchsvolle und gelungene, aber leider auch schwächere Vertreter dieses Genres. Leider gehört "Die Nonne mit dem Schwert" eindeutig zu den schwächeren Romanen. Das liegt nicht einmal an der Geschichte an sich - die Figur der Catalina de Erauso bietet auf jeden Fall genug Stoff für einen tollen Roman - sondern an der Autorin selbst. Man merkt sehr rasch, dass sie dem Genre Historienroman nicht recht gewachsen ist.
Vor allem sprachlich ist dieses Buch teilweise schwach. Regelrechte Aussetzer wie etwa "Du kannst seinen Job haben", "Hey, ihr zwei Weicheier" oder "Sie bot ihr an, fürs Erste auf der Couch zu schlafen" reißen den Leser unsanft aus dem vermeintlichen Flair des siebzehnten Jahrhunderts heraus. Man hat ständig das Gefühl, dass die Autorin sich ihrer Dinge nicht völlig sicher ist und dass sie deshalb die Recherche-Lücken mit unglaubwürdigen Ereignissen füllt, die allzu häufig an einen Heftchenroman erinnern. Mittendrin stolpert die naive Hauptfigur Catalina von einer Episode in die nächste, um ihrer Liebe Mikel zu folgen. Diese Erlebnisse sind allesamt sehr kurz, laufen immer nach dem gleichen Schema ab und wissen nicht wirklich mitzureißen. Ob Catalina als Botenjunge aushilft und bald darauf im Gefängnis landet, ob sie an Bord eines Schiffes von einem schwulen Matrosen belästigt wird oder ob sie in Peru als Kolonialwarenhändlerin in Bedrängnis gerät - alles wirkt eher unglaubwürdig und arm an Details, die wirklich historisch fesseln würden. Catalina steht immer kurz vor der Enttarnung, muss fliehen und hat immer mehr Glück als Verstand. Nebenbei trifft sie auf unglaubwürdige Nebenfiguren wie zum Beispiel den Chinesen Tao Te Chen, der natürlich perfekt Spanisch spricht und - natürlich - der Akupunktur mächtig ist. Solcherlei Klischees wirken wie aus dem Hut gezaubert.
Insgesamt ist "Die Nonne mit dem Schwert" leider eine verschenkte historische Grundlage, aus der man weit mehr hätte machen können. Sprachlich und inhaltlich wirkt dieser Roman stellenweise höchst unglaubwürdig und regelrecht naiv, so dass damit höchstens Freunde von seichten Historienromanen, die es mit der authentischen Stimmung nicht so genau nehmen, auf ihre Kosten kommen.