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Kurz vor Weihnachten werden in Long Piddleton zwei Leichen gefunden. Die Ermordeten sind jedoch keine Einheimischen und die Art und Weise ihres Auffindens ruft Scotland Yard auf den Plan. Inspektor Jury wird mit dem Fall betraut. Der melancholische, einsame Mann macht sich in die ländliche Idylle auf. Schnell steht für ihn fest, dass einer der Einwohner des Ortes der Mörder ist. Als eine zweite entstellte und grausam zugerichtete Leiche aufgefunden wird, stellt sich die Frage, ob ein Serienmörder in Long Piddleton agiert.
In Melrose Plant, dem arroganten, versnobt wirkenden ehemaligen Grafen von Coverness, findet Jury einen regen, logisch denkenden Geist, der ihn bei den Ermittlungen nach Kräften unterstützt. Doch erst nach drei weiteren Morden engt Inspektor Jury den Kreis der Verdächtigen auf wenige Personen ein. Aber ob ein mittelmäßiger Schriftsteller, dessen Sekretärin, der Antiquitätenhändler des Ortes, der sexuell etwas zu aktive Gastwirt des Dorfes oder eine von zwei Halbschwestern, die sich verdächtig machen, diese schrecklichen Morde begangen hat, scheint im Dunkeln zu bleiben. Nur Jurys unerbittliche Suche und die Hilfe von Melrose Plant führen schließlich zu einer heißen Spur.
Eine Amerikanerin schreibt englische Kriminalromane? Richtig altmodische, ruhige, stilvolle Kriminalromane? Funktioniert das?
Ja, im Fall der Pittsburgherin Martha Grimes funktioniert es. Ihr Debütroman "The Man With A Load Of Mischief, erschienen 1981, ist der beste Beweis dafür. Der Aufbau ist gemächlich, die Landschaftsschilderungen so treffend wie anschaulich, die Charakterzeichnung der zahlreichen Personen ist brillant, facettenreich und wirkt lebensecht. Die markanten Figuren werden nur noch übertroffen von einer sehr pointierten, fast genüsslich zelebrierten, gelegentlich aber auch ausufernd beschriebenen Kriminalhandlung.
Immer hat man beim Lesen dieses Buches das Gefühl, in einer wirklichen Landschaft zu sein, echten Personen zu lauschen und einen realen Fall als Hintergrund der Geschichte zu erleben. Nicht nur der vielschichtig charakterisierte Inspektor - dessen Vergangenheit in unzähligen kleinen und kleinsten Randbemerkungen deutlich wird -, auch die Unzahl an skurrilen Nebenfiguren fasziniert. Ob Melrose Plant, Tante Agatha, Vivian Rivington, Marshall Trueblood, Chiefinspektor Racer, dessen Sekretärin oder die Bürokatze - das Panoptikum an interessanten Figuren ist groß.
Der Autorin gelingt es zwar nicht immer, plausibel zu machen, warum sie sich gerade mit dieser oder jener Person so ausführlich und tiefgehend beschäftigt, aber kurzweilig und unterhaltsam sind ihre Zeilen immer.
Die Professorin für Literatur und Kreatives Schreiben mit Lehrstuhl an der Johns Hopkins Universität und am Montgomery College in Tahoma Park, Maryland, hat mit der Figur des Jury ihren Stil, ihr Sujet gefunden. Die lange Reihe der Kriminalromane, in denen der sympathische, oft melancholische Inspektor ermittelt, und der anhaltende Erfolg ihrer Bücher geben ihr recht. Wer diesem Ermittler eine Chance geben will, sollte unbedingt mit diesem Buch beginnen. Nicht nur, dass hier alle wichtigen Figuren sämtlicher Bücher der Serie ihren ersten Auftritt haben, die Beziehungen zwischen den Protagonisten nehmen hier auch ihren Anfang.
Neben "Inspektor Jury spielt Domino", "Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd" und "Inspektor Jury bricht das Eis" ist der erste Band sicherlich einer der besten und lesenswertesten überhaupt.
Ein besonderes Lob muss man den Umschlagillustrationen dieses Buches zollen. Sie sind sehr gelungen und absolut passend für Stil und Inhalt des Romans.