In der ersten Jahreshälfte 2007 fiel die EU-Ratspräsidentschaft an die Bundesrepublik Deutschland. Ein zentraler kultureller Beitrag zur Ratspräsidentschaft war die in Brüssel stattfindende Ausstellung "Blicke auf Europa - Europa und die deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts". An der Ausstellung waren unter anderem die Staatlichen Museen zu Berlin, die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und die Bayrische Staatsgemäldesammlung München mit mehr als hundertfünfzig Bildern beteiligt.
Zu dieser Ausstellung hat der Hatje Cantz Verlag einen Katalog herausgebracht, der in über dreihundertachtzig farbigen Abbildungen die Meisterwerke dieser vielseitigen Epoche illustriert.

Wie offiziell die Ausstellung war, merkt man zu Beginn des Kataloges. Neben einer Auflistung der Leihgeber finden sich Grußworte von Bundeskanzlerin Merkel, dem belgischen Ministerpräsidenten Verhofstadt und dem Präsidenten der Europäischen Union Barroso. Erst dann folgen die "Blicke auf Europa - Ein Vorwort" und das eigentliche Vorwort des Buches. Ersteres wurde von den Direktoren der drei oben genannten Museen aus Berlin, Dresden und München verfasst und führt in die konzeptionellen, besonders aber in die thematischen Hintergründe der Ausstellung ein.
Das zweite Vorwort kann man dagegen als weitere Danksagung betrachten - aber immerhin erfährt man dadurch, wie die Zusammenarbeit bei einer länderübergreifenden Ausstellung aussieht.

Zunächst bekommt der Leser sechs wunderschöne, doppelseitige Gemälde aus den unterschiedlichen Epochen und Stilen der deutschen Malerei des 19. Jahrhunderts zu sehen.
Gerade diese "Nahaufnahmen" der Bilder sind atemberaubend. Man kann jeden Riss auf der Leinwand und jedes Detail auf dem Gemälde erkennen. In einem Museum könnte man nie so nah an eins der Kunstwerke treten.

Anschließend folgt eine Einführung in das Thema anhand von drei Aufsätzen, die mit wunderbaren Bildern verbunden sind. Berhard Maaz schreibt über "Ein weltbürgerliches Band - Idee Europa", Ulrich Bischoff und Anna Greve über das "Rom des Nordens - Spreeathen - Elbflorenz. München, Berlin und Dresden als Drehscheiben europäischer Malerei im 19. Jahrhundert". Abschließend erzählt Joachim Kaak in "Öffentlichkeit, Inernationalität, Unabhängigkeit - Vom Reisen der Bilder".

Danach folgt in zwölf Kapiteln die Darstellung der eigentlichen Ausstellung. Diese ist nach Ländern sortiert und reicht von Griechenland und Italien über Spanien und Großbritannien bis nach Polen, Russland und sogar Skandinavien. Das letzte Kapitel widmet sich dem deutschen Maler Adolph Menzel, der als "Auge Europas" quasi die Quintessenz der Ausstellung bildet.
Jedes Kapitel hat eine kurze Einführung in das jeweilige Thema von drei Seiten. Danach folgen die Bilder, jeweils eins pro Seite. Teilweise Seiten füllend, manchmal verkleinert, glänzt dieser Teil (wie der ganze Katalog) durch die hervorragende Qualität. Die Bilder haben kräftige, satte Farben und sind gestochen scharf auf gutem Papier gedruckt.

Anschließend folgen im Katalog die ausgestellten Werke. Hier ist jedes der Gemälde noch einmal farbig abgebildet mit allen nötigen und interessanten Angaben, wie Titel und Entstehungsjahr. Zudem gibt es noch Angaben zum Maler oder seinem Gemälde.
Besonders hervorzuheben ist die folgende Chronik "Deutschland und Europa". Hier werden parallel die politische Geschichte, Geistes- und Kulturgeschichte und die Entwicklungen in der Bildenden Kunst und Architektur aufgezeigt. Abbildungen von Gemälden, Büsten oder Fotos sind immer wieder eingestreut und verdeutlichen so die Informationen.

Im abschließenden Anhang des Katalogs finden sich ausgewählte Literatur zum Thema deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts, Informationen über die Autoren und ein Abbildungsnachweis.

Wer sich für die Kunst des 19. Jahrhunderts interessiert, sollte bei diesem Katalog zugreifen. Genauso aber auch, wer an Europa und seiner Kunst interessiert ist. Das Buch mag nicht die leichteste Kost sein, aber es ist sein Geld wert. Hier wurde sorgfältig und exzellent gearbeitet, um die Gemälde in all ihrer Pracht auf die Seiten dieses Buches zu bringen. Die interessanten Essays runden das Gesamtbild ab. Man erfährt viel über Europa in diesem Band, über seine Kunst und was die Menschen verbindet. Vor allem aber hat man einige der schönsten Bilder des vorletzten Jahrhunderts in einem Buch versammelt - und das in einer Qualität, an der man sich nicht satt sehen kann.