Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Ton | |
Nobles oblige?
Nicht für den jungen, adligen Studenten Edgar von Rabov. Denn in den swingenden Zwanzigern, dazu in Berlin, bietet das Nachtleben weitaus spannendere Momente als das Chemiestudium. Zumal er sich einerseits sicher sein kann, das Vermögen und das Unternehmen seines Vaters zu erben. Auch wenn er sich unsicher ist, wirklich in die Fußstapfen des alten Herren treten zu können.
Doch eines Abends ändert sich das Leben des Studenten völlig, denn in einer kleinen Bar begegnet ihm die Inderin Alina. Vom ersten Moment an fühlt er sich zu ihr hingezogen. Zu seinem Erstaunen erwidert sie scheinbar sein Interesse, und schon nach wenigen Tagen kommt es zu einem ersten Treffen. Und dies, obgleich sie bereits mit einem Mann liiert ist.
Beide geben sich einem kurzen Rausch hin. Doch die Freude darüber hält nicht lange an. Zum einen sieht Edgars Familie die Liaison gar nicht gerne, ist sie doch sehr auf ihren Stand bedacht. Ja, sie ist bestrebt, diese Beziehung zu beenden, und schreckt auch nicht davor zurück, Edgar unter Druck zu setzen.
Zum anderen - und dies ist für Edgar bedeutend schlimmer - reist Alina eines Tages nach Indien zurück.
Edgar folgt ihr, doch die Suche nach Alina entpuppt sich sehr schnell zu einer Suche nach den eigenen Wurzeln. Denn in Indien wird er mit der Vergangenheit seiner Familie konfrontiert und plötzlich ist ihm das, was ihm vertraut und bekannt erschien, fremd.
Wolfram Fleischhauer ist mit "Schule der Lügen" ein spannender, gleichwohl unterhaltsamer und lehrreicher Roman gelungen. Mit opulenten Worten führt er den Zuhörer durch Edgars Suche nach Alina, seiner Identität und der Wahrheit. Er lässt ihn dessen Höhen und Tiefen erleben, ohne dass von den 630 Minuten Spielzeit auch nur eine langweilig wäre. Geschickt fließen Fakten und Strömungen der damaligen Zeit ein. Das Aufatmen, das Lebensgefühl einer Republik, die sich vom ersten Weltkrieg erholt hatte, gleichzeitig aber auch auf die Nazi-Diktatur zumarschierte. Die Exotik eines Indiens, das noch eine britische Kolonie war, und der Hang zu Esoterischem werden vor dem Zuhörer ausgebreitet und bieten so den Hintergrund für Edgars Suche. Die Art, wie Fakten und Fiktion dabei gemischt werden, sorgt dafür, dass der Erzähler weder wie ein Lehrmeister noch langatmig daher kommt. Geschickt werden Intrigen und Täuschungen beschrieben, Lügen und Schicksale dargelegt und mit der damaligen Vorstellung von Moral, von Richtig und Falsch verwoben.
Zu dem Genuss, den der Roman bietet, trägt auch die Umsetzung des Stoffs als Hörbuch bei. Der Erzähler, Mathias Herrmann, passt seine Stimme geschickt den Gefühlen und Gegebenheiten an. Sie passt zudem sehr gut zu der Handlung und dem Protagonisten.
Natürlich braucht man für acht CDs mit einer Gesamtlänge von 630 Minuten Zeit. "Schule der Lügen" ist zudem sicherlich kein Stoff, den man sich im Auto auf dem Weg zur Arbeit anhört oder abends während Heimfahrt. Für dieses Hörbuch muss man sich Zeit nehmen und es bei einem guten Wein im Wohnzimmer genießen. Bequem auf dem Sofa liegend, die Augen geschlossen und bereit, eine kleine Zeitreise zu unternehmen. Nur so kann der Stoff seine Wirkung entfalten und nur auf diese Weise kommt der exzellente Roman voll zur Geltung.
Fazit:
"Schule der Lügen" ist ein erstklassiger Roman von Wolfram Fleischhauer sowie ein sehr gut umgesetztes Hörbuch. Ist man in der richtigen Stimmung, trägt einen die Stimme des Erzählers in eine andere Zeit und lässt diese vor dem Auge des Zuhörers neu aufleben.