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Kirchenthriller haben seit Dan Browns "Sakrileg" einen wahren Aufschwung erhalten, der sich bis in die heutigen Tage fortzusetzen scheint. Schließlich ist es die christliche Kirche selbst, die durch ihre Geheimniskrämerei und die unzähligen uralten und wertvollen Dokumente, die in den riesigen vatikanischen Archiven vor sich hinstauben, den Stoff für Verschwörungstheorien beisteuert.
Michael Byrnes hat sich nun auch die Freiheit herausgenommen, den Vatikan zum Schauplatz seines Thrillers zu machen. Allerdings ist diesmal nicht nur die christliche Kirche ein Thema, sondern ebenso der uralte Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern und die damit verbundene Thematik über das rechtliche Erbe des Felsendoms in Jerusalem.
Ein moderner Söldnertrupp um den Anführer Salvatore Conte stürmt den Felsendom in Jerusalem mit aktuellster High-Tech-Ausrüstung. Ihr Ziel ist eine versteckte Grabkammer, die sie ruckzuck aufgesprengt haben. Im Inneren dieser Kammer befinden sich zehn Ossarien. Doch nur ein Ossarium interessiert die Auftraggeber Contes.
Dieser Auftraggeber ist kein geringerer als ein hochrangiger Kardinal im Vatikan. Durch einen seiner Mitarbeiter wurde ihm ein Buch zugespielt, das bisher nur als Legende bekannt war. Unglücklicherweise enthält das Buch Informationen, welche die Lehren der christlichen Kirche in ihren Grundfesten erschüttern würde.
Dieses Buch beschreibt die Stelle, an der Jesu Leichnam, in einem Ossarium enthalten, abgelegt worden sein soll; eben jenes Ossarium, welches Conte gestohlen hat und nun in einem wissenschaftlichen Labor im Vatikan liegt, wo bereits zwei eifrige Anthropologen das Skelett unter die Lupe nehmen.
Sie führen alle bisher technisch möglichen Untersuchungen durch und kommen mit Hilfe unzähliger Tests zu dem Schluss, dass das Skelett männlich, gut gebaut und mittleren Alters sein musste. Der Verstorbene dürfte brutal gefoltert und anschließend bei lebendigem Leibe gekreuzigt worden sein. Als schließlich noch eine geheime Schriftrolle aus dem Ossarium geborgen wird, welches das frühchristliche Zeichen Jesu enthält, besteht kein Zweifel mehr: Das Skelett, das hier im Vatikan liegt, müssen die sterblichen Überreste Jesu Christi sein. Dies würde bedeuten, dass die heilige Auferstehung niemals stattgefunden hatte.
Während im Vatikan fieberhaft über das Skelett gerätselt wird, scheint in Israel die Lage endgültig zu eskalieren. Die Palästinenser verurteilen die Israelis, ihr Heiligtum mutwillig beschädigt und ausgeraubt zu haben. Als Beweis führen sie einen israelischen Hubschrauber an, der wenige Minuten nach der Explosion im Felsendom auf ein nahe gelegenes Plateau flog und eine Kiste einlud. Dass dabei dreizehn Soldaten auf israelischer Seite ihr Leben lassen mussten, interessiert sie nicht.
Wenige Tage nach dem Einbruch in den Felsendom wird die Stadt von weiteren Anschlägen erschüttert. Viele Menschen verlieren ihr Leben aufgrund falscher Verdächtigungen und Vermutungen. Was die palästinensischen Selbstmordattentäter, die aufgrund des Einbruchs in ihr Gotteshaus die Menschen in Angst und Schrecken versetzen, nicht wissen: Ihre eigenen Religionsbrüder stecken mittendrin im Sumpf der Verschwörung um den Raub des geheimnisvollen Ossariums.
"Relictum" ist ein weiterer von vielen Kirchenthrillern, die in letzter Zeit den Markt geradezu überschwemmt haben. Von der wissenschaftlichen und historischen Seite betrachtet bringt das Buch nicht viel Neues zutage. Die Geschichte der Tempelritter dürfte inzwischen jeder aufmerksame Leser in- und auswendig kennen, geschweige denn die Geschichte Konstantins und der damit verbundene Aufstieg der Christenheit.
Beim Inhalt des Buches bleibt zu kritisieren, dass die Untersuchungen, die am Leichnam Jesu Christi vorgenommen werden, zwar interessant sind, sich aber doch eine ganz schön lange Zeit hinziehen. Hier wundert sich der Leser mehrmals, warum die beiden Wissenschaftler nicht schön früher auf die Idee gekommen sind, dass das Ossarium die Gebeine Christi erhält. Alle Anzeichen liegen klar auf der Hand und doch wird so gut wie überhaupt keine Vermutung angestellt, bis zum Schluss. Nägel im Ossarium, Zeichen einer Kreuzigung, die Kreuzigungszeit und die Lebensdaten Christi passen haargenau auf Holzsplitter und Münzen, der Sarg liegt im Vatikan, es herrscht striktes Redeverbot über ihre Arbeit, die Untersuchungen sollen so schnell wie möglich abgeschlossen werden. Obwohl einige wenige Hinweise darauf hindeuten, dass hier nicht Jesus liegt (keine Abdrücke eines Dornenkranzes am Kopf, keine gebrochenen Knie), ist es dennoch sehr verwunderlich.
Von diesen Kritikpunkten einmal abgesehen ist das Buch durchaus interessant. In punkto Spannung ist die Geschichte nicht schlecht, jedoch zieht sie sich auf viele Seiten hin. Die Protagonisten sind realitätsnah dargestellt (mit Ausnahme der beiden Wissenschaftler), sodass die Geschichte einen guten Verlauf nimmt und mit einem überraschenden Ende schließt. Spannung und Tempo sind in "Relictum" vorhanden, kommen aber nicht so zur Geltung wie in "Sakrileg" oder "Wächter des Kreuzes". Einen höheren Rang als in anderen Büchern nimmt die wissenschaftliche Arbeit ein.
Alles in allem ist das Buch für Fans von Kirchenthrillern durchaus kein schlechtes Buch, das sich zu lesen lohnt. Vor allem diejenigen, die sich für die Wissenschaft begeistern können, werden hier ein attraktives Buch finden.