Vincent Van Gogh gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Malern der Welt. Viele erkennen sofort sein kräftiges Gelb bei geradezu flammenden Kornfeldern oder den berühmten Sonnenblumen. Sein Bild "Die Sternennacht" ist eines der Aushängeschilder des MoMA in New York und auch seine einfühlsamen Portraits finden ihre Anhänger.
Eine Ironie der Geschichte ist es, dass der Maler, der zu Lebzeiten kaum ein halbes Dutzend Gemälde verkaufen konnte, heute zu den teuersten Künstlern der Welt gehört.
Ebenso verwundert es, dass bei dieser Beliebtheit zwar eine Unzahl von Veröffentlichungen zu Van Gogh existieren, es aber bisher schwer war, eine aktuelle Überblicksdarstellung zu erhalten, die weder zu umfangreich noch zu oberflächlich ist.
Dies zu ändern entschloss sich das Van Gogh Museum in Amsterdam, das sich in dieser Entscheidung durch die erfolgreiche Veröffentlichung von Van Goghs Zeichnungen bestärkt sah. Als Autorin konnte Belinda Thomson gewonnen werden.

Im vorliegenden Band findet man hunderteinundsiebzig Bilder Van Goghs, eingeteilt in vier Perioden.
Es fängt an mit den Jahren 1853-1885. In dem "Die Niederlande" untertitelten Abschnitt werden die niederländischen Wurzeln des Malers und seine intellektuelle Entwicklung vorstellt. Die Bilder hier wirken noch nicht wie der "typische" Van Gogh, sind meist in düsteren, erdigen Farben gehalten und werden durch Abbildungen von Zeichnungen und Briefen ergänzt.
Im Kapitel "Antwerpen und Paris" werden die Jahre 1885-1888 behandelt. Dies war die Zeit, in der Van Gogh seine Konfrontation mit der Avantgarde der Malerei antrat. Die Bilder hier beginnen heller und kräftiger zu werden und weisen schon den typischen kräftigen Pinselstrich auf. Hier finden auch einige der berühmten Selbstportraits und die ersten von den japanischen Holzschnitten inspirierten Bilder.
Im selben Jahr (1888) folgte auch Van Goghs Entdeckung des Südens in "Arles".
Hier entdeckt der Leser weltberühmte Bilder wie "Caféterasse bei Nacht" oder die oft mit Van Gogh verbundenen Sonnenblumen.
In seiner letzte Schaffensphase von 1889-1890 in "Arles, Saint-Rémy und Auvers-sur-Oise" wurde die Kunst dann zum Trost. Viel Natur ist hier zu sehen, darunter die berühmten Zypressenbilder, wie "Kornfeld mit Zypressen" oder das schon erwähnte "Die Sternennacht".

Die gezeigten Bilder haben alle unterschiedliche Formate - von einer ganzen Doppelseite bis hin zu einer kleinen Abbildung am Rande des Textblocks ist alles zu finden. Dabei ist jedes der Bilder in einer hervorragenden Qualität gedruckt und in jedem noch so kleinen Format sind Details erkennbar. Informationen zu den Bildern sind gleich angegeben, zusammen mit einer Nummer zum im Anhang des Buches befindlichen Verzeichnis der Werke des Künstlers.

Die Texte fügen sich gut in das Konzept ein. Sie ergänzen die Bilder, nehmen ihnen nicht zu viel Platz, obwohl sie sich über das ganze Buch verteilen und nicht in einzelnen Essays an den Anfang eines Kapitels gestellt sind. Die Korrespondenz des Künstlers half der Autorin, die Bilder zu interpretieren. So steht hier auch mehr das Werk als der Künstler im Mittelpunkt. Eine durchaus gelungene Wahl, handelt es sich bei diesem Band doch nicht um eine Biographie, sondern um eine Darstellung der Gemälde.

Mit Belinda Thomsons Buch "Van Gogh Gemälde" hat der HatjeCantz Verlag ein Buch in gewohnt hoher Qualität vorgelegt, das sowohl durch die zahlreichen, vorzüglichen Abbildungen, als auch durch die interessanten Interpretationen der Autorin überzeugt.
Wer einen guten, aktuellen Überblick über die Gemälde Van Goghs sucht, ohne auf einen thematisch beschränkten Ausstellungskatalog zurückzugreifen, oder eine oberflächliche Abhandlung zu nehmen, ist hier bestens bedient.
Ein ideales Buch, um Van Gogh kennen zu lernen oder wiederzuentdecken - oder um seine schönsten Gemälde immer griffbereit zu haben.