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Am 7. Juli 2024 beginnen die Aufzeichnungen, die Patrick Dietrich seinem Vater hinterläßt. Seine Aufzeichnungen, die konsequent in der Ich-Perspektive geschrieben sind, enden am 20. Juli 2024 merkwürdigerweise mit vier Sätzen in der personalen Perspektive, die den Tod Patricks und seines Zwillingsbruders verkünden.
Doch das ist nicht das einzig merkwürdige an dem Buch von Thomas Uhrig. Auf einem Zeltausflug mit seiner Freundin Annika trifft Patrick ein seltsames Wesen, das ihm sagt, dass er, Patrick, Apollon sei, der Gott des Lichts. Er trifft außerdem einen Geist, der ihm ebenfalls sagt, dass er ein Gott sei. Am 13. Juli wacht Patrick vom Schnarchen seiner Bettnachbaren auf. Er ist in einem Krankenhaus und eine Krankenschwester erzählt ihm, ein junger Mann habe den Notruf gewählt und immerzu "Didymoi" gesagt. Der Notarzt sei zu der Wohnung gefahren, aus der der Anruf kam. Der junge Mann, der angerufen hatte, habe genauso ausgesehen wie Patrick, sei aber verschwunden. Patrick sei völlig dehydriert gewesen und habe in einem neu gekauften Zelt in seiner Wohnung gelegen. Er wird von Annika aus dem Krankenhaus abgeholt. Zwei Tage später gerät er in der Stadt in eine Demonstration. Auch hier trifft er seltsame Wesen und ebenso seltsame Ereignisse geschehen.
Im Anschluss an Patricks Aufzeichnungen kommt sein Vater zu Wort. Der erzählt ein wenig von Patricks Kindheit und viel von sich selbst.
Als Leser hin und her gerissen, ist man nicht sicher, was die Intention des Autors ist. Geht es um jemanden mitten in einer Psychose? Der Krankenhausaufenthalt läßt darauf schließen, aber auch das Gespräch mit der Krankenschwester ist seltsam. Als Leser weiß man nicht, ob Patrick das Gespräch verzerrt wiedergibt oder aber die Ereignisse tatsächlich seltsam waren. Ist vielleicht der Krankenhausaufenthalt auch nur halluziniert? Man weiß es nicht. Und man erfährt auch nichts, weil die Aufzeichnungen Patricks Perspektive wiedergeben. Alles in allem wird man das Gefühl nicht los, diese Aufzeichnungen dienten lediglich der Aneinanderreihung von Ideen und Gedanken. Alle Gestalten, die Patrick trifft, haben eine Lebensgeschichte zu erzählen. Als Leser aber kommt man nirgendwo an. Man kann sagen: Oh, es passiert immer etwas neues, ungewöhnliches, aber unterhaltsam ist das nicht und auch nicht immer passend. Meistens ist es sogar recht langweilig, weil die vielen Begegnungen und Lebensgeschichten eben noch keine eigene Geschichte ausmachen. Über Patrick selbst erfährt man so gut wie nichts, auch nicht in den Anmerkungen seines Vaters. Ganz im Gegenteil verstärken die den seltsamen Eindruck, wenn er seinen Sohn als echtes Wunderkind darstellt.
Die naheliegendste Vermutung ist, dass der Autor eine psychotische Episode darstellen wollte. Dazu würde auch passen, dass der Sprachduktus aller Figuren der gleiche ist. Die Anmerkungen des Vaters könnten zur Klärung beitragen, das tun sie aber nicht, ganz im Gegenteil sind sie eine ganz eigene, separate Geschichte, die wenig mit Patrick zu tun hat. Ein Problem des Autors (oder auch Patricks) ist sein nicht ganz sicherer Umgang mit der deutschen Sprache. Es gibt einige grammatisch falsch aufgebaute Sätze, Bezüge, die nirgendwohin führen. Aufgrund der Ich-Perspektive könnte man vielleicht vermuten, dass dies so gewollt ist, und tatsächlich finden sich in der Geschichte des Vaters weniger (aber trotzdem noch ein paar) Fehler. Ob nun gewollt oder nicht, störend ist dies falsche Deutsch allemal. "Didymoi" hält nur einzelne Puzzlestücke lose zusammen, die man als Leser nicht zusammenfügen kann. Über eine Aneinanderreihung von Ereignissen kommt dieses Buch nicht hinaus. Alles ist unklar und als Leser bleibt man unzufrieden zurück, wenn man nicht schon aufrund von Langeweile vorher aufgibt.
Eine psychotische Episode aus der Ich-Perspektive heraus darzustellen, ist sicher kein einfaches Unterfangen. Uhrig scheitert daran. Er hat eine interessante, eigene Erzählstimme, die allein reicht aber natürlich nicht aus, um aus einem Text eine Geschichte zu machen.