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Foucaults Inauguralvorlesung "Die Ordnung des Diskurses" ist rasch sehr berühmt geworden. Bietet diese Vorlesung doch eine gute Einführung in die wissenschaftliche Methode, die Foucault zwei Jahre zuvor in "Archäologie des Wissens" vorgelegt hat; die "Archäologie des Wissens" galt und gilt immer noch als ein extrem schwieriges Buch.
Zunächst beschreibt Foucault, wie die Diskurse - im weitesten Sinne jenes Wissen, das Kontrolle ermöglicht und Kontrollmaßnahmen nahe legt -, wie also die Diskurse knapp und beherrschbar gehalten werden. Er führt vier Begriffe ein: den Kommentar, der die großen Texte unserer Kultur unaufhörlich umspült und ihnen ihre Wahrheit abtrotzt und zugleich aufzwingt; den Autor, der verantwortlich zu sein hat für das, was er sagt; die Disziplinen, die eine begrenzte Menge von anerkannten Methoden bereitstellen; schließlich die Zugänglichkeit, die regelt, welcher Mensch von welchem Ort aus sprechen kann (und muss). Bei all diesen Regeln geht es darum, die Kräfte zu bändigen und die Zufälle des historischen Auftauchens zu beherrschen: die zahlreichen widersprüchlichen Ereignisse einer Kontrolle und einer Regierung zu unterwerfen.
Um die Formationen eines Diskurses zu untersuchen, bietet Foucault vier Prinzipien an: die Umkehrung - statt den Überfluss und die Überlieferung zu untersuchen geht es um die Verknappung von Aussagen; die Diskontinuität - statt unter einer Masse von Äußerungen ihr geheimes Fundament bloßzulegen, gilt es, die Brüche und Unvereinbarkeiten in ihrem je aktuellen Spiel zueinander zu erfassen; die Spezifität - statt das langsame Wirken und Reifen der Vernunft zu erörtern, wird die Gewalt erfasst, die die Dingen hervorbringt und die diesen Dingen zugleich angetan wird, eine Gewalt also, die produktiv und zugleich repressiv ist; die Äußerlichkeit - statt die innerlichen Gerüste des Denkens zu erforschen sucht man nach den äußeren Bedingungen, die die Grenzen eines Diskurses fixieren.
Foucault entwirft hier also noch mal in sehr knappen Zügen die wesentlichen Bedingungen seines Denkens. Auch dieses Buch dürfte uneingeweihten Lesern fremd klingen; zu neu, zu fern ist hier die Art, die Kultur zu betrachten.
Ralf Konersmann steuert dem Buch einen Essay bei, der einige der Probleme, die man mit Foucault haben kann, beleuchtet und verständlicher macht.
Es ist leicht, sich von Foucaults wundervoller Sprache in den Bann ziehen zu lassen. Umso schwieriger ist es, aus diesem Sprechen ein Modell zu ziehen, mit dem man selbst arbeiten kann und mit dem man den Spuren des Foucaultschen Denkens in der Praxis folgen kann. Denn Foucault will gerade nicht der Vernunft neue Fesseln auferlegen, sondern zu jener Beweglichkeit verhelfen, in der das Denken noch ganz Spiel ist, noch ganz ein lebendiges Verhältnis zu einem wilden Außen hat. "Die Ordnung des Diskurses" bietet hier eine gute Möglichkeit, einen Einstieg in dieses offene und zugleich strenge Denken Foucaults zu finden. Wer sich mit Foucault beschäftigen möchte, wird bei diesem Essay nicht stehen bleiben dürfen - dazu zeigt er zu wenig auf, wie Foucault selbst mit seinen Methoden an konkrete Situationen herantritt -, aber immer wieder auf ihn zurückgreifen können. Es ist ein großartiger Essay, klug, verspielt, faszinierend.