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Achtung, in dieser Rezension werden wichtige Teile der Handlung von "Das Buch der toten Tage" verraten! Die toten Tage, die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr, sind verstrichen, die Stadt liegt unter Schneemassen begraben. Nach den Ereignissen aus "Das Buch der toten Tage" hat Boy einen neuen Meister gefunden - ausgerechnet den Wissenschaftler Kepler, der zwar das Mädchen Willow gerettet, dafür aber Valerian in den Tod geschickt hat. Boy weiß immer noch nicht, was sein wahrer Name und seine Herkunft sind, und auch ob Valerian wirklich sein Vater war, hat er noch nicht herausgefunden.
Auf der Beerdigung von Korp, dem Direktor des Theaters, in dem Boy und Valerian gearbeitet haben, trifft er wenige Tage nach Neujahr Willow wieder. Sie schmieden Pläne für ein neues Leben zu zweit, doch es kommt alles ganz anders: Boy wird bei einem Botengang für Kepler von der Palastwache des Kaisers gefangen genomen. Kaiser Frederick ist uralt, exzentrisch, vollkommen verrückt und strebt nach ewigem Leben. Diesen unmöglichen Wunsch kann ihm anscheinend nur das
Buch der toten Tage erfüllen - das unglückselige Buch, das auch Valerian ins Verderben stürzte und das sich nun in Keplers Besitz befindet
"Bei Einbruch der Nacht" von Marcus Sedgwick ist die direkte Fortsetzung des Romans "Das Buch der toten Tage" und setzt dort an, wo der erste Band aufhörte. Valerian ist tot, das Leben von Boy und Willow steht vor einer Wende, und was Kepler wirklich im Schilde führt, wissen die beiden Kinder immer noch nicht. Eine Fortsetzung war bitter nötig, schließlich endete der erste Teil ziemlich abrupt, ließ viele Frage offen und viele Leser enttäuscht zurück. Hier werden nun einige Fäden weiter gesponnen, unter anderem geht es endlich wieder um das blutdürstige "Phantom", das schon mehrere grausame Morde begangen und unter anderem Korp umgebracht hat.
Eines der Probleme des Romans ist der "Fehler" bei der Übersetzung, der auch schon im Vorgängerband gemacht wurde: Der Junge Boy heißt auch im Deutschen einfach "Boy". Das ergibt kaum Sinn, denn Boy heißt ja nur so, weil er eben keinen Namen hat und Valerian ihn immer bloß "Junge" gerufen hat. So liest sich die gesamte Geschichte ziemlich merkwürdig, wenn Boy etwa sagt "Ich habe keinen Namen, ich heiße Boy". Im Englischen funktioniert das, in der deutschen Fassung wirkt es störend. Auch ist der deutsche Titel des Romans ziemlich beliebig. Während der Originaltitel "The Dark Flight Down" noch einen konkreten Ort beschreibt, der im Buch auftaucht, kann "Bei Einbruch der Nacht" so ziemlich alles sein. Nachdem die Handlung zunächst ein wenig dahin plätschert, rafft sie sich gegen Ende hin zumindest zu einem spannenden Finale auf, jedoch ist die Auflösung der bis dahin noch losen Fäden nicht so gelungen. Sie wirkt abwegig und irgendwie aus dem Hut gezaubert; sogar jüngere Leser dürften da ein wenig den Kopf schütteln.
Fazit: Leider kann Marcus Sedgwicks Erzählung nicht ganz mit ihrem Vorgänger mithalten, was Spannung und Anziehungskraft angeht. Zwar ist die düstere, bedrückende und irgendwie magische Atmosphäre der namenlosen Stadt geblieben, nach wie vor weiß der Leser nicht mit Sicherheit, in welchem Jahr oder gar Jahrhundert er sich befindet, aber alles wirkt nun ein wenig mühsam, als ob die Fortsetzung nicht ganz so leicht aus der Feder des Autors geflossen wäre wie beim viel gelobten ersten Band. So ziehen sich die ersten Seiten ziemlich dahin, bis die Handlung endlich in Fahrt kommt. Die Schlusspointe wirkt bemüht und etwas unglaubwürdig, es werden leider nicht alle Fragen vollständig geklärt. Ein zwar teils recht spannendes Jugendbuch, aber leider kein herausragendes. Man sollte in jedem Fall "Das Buch der toten Tage" zuerst lesen, sonst bleiben beim Lesen zu viele Fragen offen.