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Walter ist eine ganz besondere Ratte. Als einziger seiner Art kann Walter lesen. Er musste es nicht lernen, sondern konnte auf einmal die seltsamen Zettel und fast ungenießbaren Papierschnitzel, die er im Müll fand, entziffern.
Nun ist Walter eine alte Ratte. Ganz weiß um die Schnauze und sehr einsam hat er sich ein neues Zuhause gesucht. Er wohnt seit Monaten bei der Schriftstellerin Miss Pomeroy, einer alten, Kinderbücher schreibenden Misanthropin.
Ab und zu ein wenig von ihren Essensresten, die sie - unordentlich wie sie ist - auf dem Küchentisch zurückgelassen hat, ein verstecktes Nest und vor allem, jeden Tag ein anderes Buch aus der Bibliothek der alten Frau. Walter geht dabei sehr vorsichtig zu Werke, denn er weiß, dass Menschen Ratten nicht mögen, sogar hassen und jagen, wo sie nur können. So fristet er sein karges Dasein, allein und sehr einsam und bemerkt, dass auch Miss Pomeroy ein einsamer Mensch ist. Doch sie macht etwas daraus. Jeden Tag sitzt sie an ihrer altertümlichen Schreibmaschine und arbeitet an ihrem neuen Kinderbuch.
Walter schätzt die Autorin sehr, mag sie fast. Bis er eines Tages eines ihrer Bücher findet. Tief enttäuscht muss Walter feststellen, dass ausgerechnet eine Maus Held ihrer zwanzig Bücher ist. Eine Mauswelt voller Ganoven, Verbrecher und Geheimagenten mit einer cleveren Maus als eine Art James Bond. Keine einzige Ratte kommt in den Büchern vor.
Walter beschließt, Miss Pomeroy einen Brief zu schreiben. Er will herausfinden, was sie dazu bewogen hat ausgerechnet über Mäuse zu schreiben.
Sein erster Brief ist sehr kurz:
"Ich bin Walter. Ich lebe auch hier". Doch welche Gefühle in ihm aufkommen, als er die Antwort findet, welchen Aufruhr dies in seinem Inneren entfacht. Denn ihre Antwort ist noch kürzer:
"Ich weiß!"Zunächst eine harsche Kritik. Wer den Klappentext dieses Buches liest, mag sich an der dort zu findenden Inhaltsangabe erfreuen, doch dass diese von den sechzig Seiten fast fünfundfünfzig erfasst, ist unfassbar. So etwas ist für einen Leser sehr frustrierend und ärgert nach der Vollendung dieses kleinen Abenteuers sehr. Das muss nicht sein.
Alles andere macht dieses Buch und der Verlag richtig. Das Layout ist perfekt. Der rote Leinenrücken, die wundervolle Zeichnung auf dem Einband, die Anmutung dieses Bändchens ist perfekt.
Die Geschichte selbst ist ebenso liebenswert wie nachdenklich-machend. Denn die Autorin verbindet dieses nette Abenteuer mit einem außergewöhnlichen Helden, einer sehr sympathischen Ratte, mit einer Liebeserklärung an die Literatur. Ihre Kraft, ihre Macht und Wirkung ist von unschätzbarem Wert für die Kulturentwicklung des Menschen.
Und wunderbarerweise vermag es die Autorin Barbara Wersba dies in ein Kinderbuch für Leser ab acht Jahren zu verpacken. Ihre einfache und doch poetische Sprache, ihre warmherzige Art, Menschen und einsame Wesen zu charakterisieren, ihr klarer, beeindruckend treffsicherer Stil ist eine Bereicherung für den Markt der Kinder- und Jugendbücher. Doch diese Geschichte ist mehr. Diese Allegorie auf die alle Menschen verbindende Literatur ist ebenso für Erwachsene geschrieben. Auch sie finden in dieser kurzen, schlichten Geschichte eine tiefsinnige, aufrüttelnde Botschaft, die ganz ohne Pathos, ohne mahnende Worte, direkt zum Herzen des Lesers vordringt.
Und als ob dies nicht bereits ein perfektes Produkt ergeben hätte, kommen auch noch Illustrationen hinzu, die ihresgleichen suchen. Donna Diamond gibt der Ratte Walter ein Gesicht, eine Seele, einen Charakter, der sich perfekt mit der Aussage des Textes deckt. Diese Harmonie ist selten so gelungen wie in "Ein Weihnachtsgeschenk für Walter". Es sind zwar kaum mehr als zwanzig Bilder, einige davon ganzseitig, doch vertiefen sie die Wirkung dieses Buches erheblich.
Dieses Buch ist eine der beeindruckendsten Neuerscheinungen des Bücherherbstes 2007. Für Kinder wie Erwachsene ist es ein wundervolles Stück Literatur, das seinen Preis unbedingt wert ist.