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 Der Mond und das Mädchen


Cover
Gesamt ++---
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Es ist ein unerträglich heißer Sommer, Tag für Tag brennt die Sonne erbarmungslos vom Himmel und selbst nachts ist es meist noch so heiß, dass die Figuren keinen Schlaf finden. In diesem Sommer zieht das frisch verheiratete Pärchen Ina und Hans - die Hochzeit liegt erst einige Tage zurück - nach Frankfurt, wo Hans seinen neuen Job in einer Bank antreten soll. Für die Hochzeitsreise blieb keine Zeit, doch das fällt für die Schwiegermutter Frau von Klein, Inas Mutter, ohnehin unter die Rubrik überflüssige Sentimentalitäten. Eigentlich ist der Umzug für das junge Paar ein Akt der Emanzipation, denn Frau von Klein, die durch ihre Tochter versucht, die Ehe zu beherrschen, hält nicht viel von Frankfurt.

Neue Stadt, neuer Job, neue Wohnung, neues Leben, wir befinden uns beim dritten der vier Punkte, und an dem setzt das Buch ein. Nachdem alle Wohnungen, die Hans besichtigt, entweder unbezahlbar oder untragbar oder beides zugleich sind, landet er schließlich in einem mehrstöckigen Haus mit Sandsteinfassade aus dem vorigen Jahrhundert, das als einziges in der Gegend den Krieg überlebt hat, deplaziert zwischen verkommenen Funktionalitätsbauten. Anstelle musealer Ruhe strahlt es wie die Umgebung nur Verfall und Asozialität aus.

Dieses Mietshaus wird beherrscht vom zwielichtigen Hausmeister Abdallah Souad, nicht vom eigentlichen Hausbesitzer, dem beeindruckend fetten Herrn Sieger. Damit sind die Konfliktfelder des Romans zwischen Elite und Verkommenheit, zwischen Normalität und Asozialität entfaltet und die Handlung könnte beginnen. Das versucht sie auch, wenngleich schleppend. Ina beobachtet trotz aller Landnahmebemühungen, trotz eingehender Beratung mit Frau von Klein, trotz neuer Farbe und neuen Möbeln, in der Wohnung seltsame Vorgänge. Hans gesellt sich immer häufiger zu dem Grüppchen dubioser Gestalten im Hof, findet Gefallen an der Schauspielerin Britta, die in der Wohnung unter ihm wohnt. Die schleppende Handlung wird in einer schleppenden Sprache geschildert, in langen geschachtelten Sätzen, die ihr poetisches Potential nur manchmal durchblicken lassen. Alles in allem bleibt der Roman steif.

Weder wird der Leser vom Erzähler voran gestoßen noch von der Erzählung hinein gesogen, immer bleibt die Distanz, und auch der Einbruch des Mythischen in die gesellschaftliche Welt, die Entdeckung der Leidenschaft gegenüber der reifen, beinahe geschwisterlichen Liebe, erscheint, als würde sie in einem penibel beschrifteten Glaskasten stattfinden. Unbeteiligt betrachtet man die Vorgänge des Zerfalls, die Machtbestrebungen um das Paar herum. Und so legt man relativ unbeteiligt das Buch wieder weg, versucht die Fäden zusammenzuweben, findet sich selbst doch kaum darin und so geht der Roman vorüber und verschwindet.

Martin Mosebach hat - wie das Banner am Buchumschlag unübersehbar erinnert - den Büchnerpreis 2007 erhalten. Für "Der Mond und das Mädchen" hat er ihn nicht bekommen, sondern für sein gesamtes bisheriges Schaffen. Dafür hat er ihn - Diskussionen um Antimodernität und reaktionäre Haltung hin oder her - verdient, für seinen aktuellen Roman nicht.

Stefan Rehm



Hardcover | Erschienen: 01. August 2007 | ISBN: 9783446209169 | Preis: 17,90 Euro | 192 Seiten | Sprache: Deutsch

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