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Jay-Jay hat kein Glück mit den Männern. Immer wieder fällt sie auf einen herein und steht am Ende mit dem Gefühl da, einfach nur ausgenutzt oder benutzt worden zu sein.
Ihre Freundin Sophie hingegen könnte glücklich sein und lebt ein auf den ersten Blick schön wirkendes Leben, wenn da nicht der Schatten wäre. Ein Schatten, der sich über ihr Leben legte, als ihre Tochter starb.
Was die beiden Hauptfiguren neben ihrer Freundschaft und schlechten Erinnerungen miteinander verbindet, ist der Wunsch, zusammen zu verreisen. Und eines Tages schlendert Jay-Jay durch einen Buchladen, als ihr ein Reiseführer ins Auge springt: Glenraven. Von diesem Land, das als winzig und irgendwo in den Alpen liegend beschrieben wird, fühlt Jay-Jay sich magisch angezogen und so will sie den Reiseführer unbedingt kaufen. Erstaunlicherweise erfordert dieser Kauf einige Durchsetzungskraft, denn der Verkäufer scheint tatsächlich nicht die Absicht zu haben, den Band Jay-Jay zu überlassen. Ein erster Hinweis auf die mystischen Dinge, die die beiden Freundinnen später noch erwarten werden ...
Jay-Jay und Sophie beschließen, die Reise in dieses geheimnisvolle kleine Land anzutreten, ohne zu ahnen, was sie sich damit aufbürden. Denn Glenraven öffnet seine Tore nur alle vierhundert Jahre einmal und ist kein Urlaubsort, sondern ein verwunschenes Land, das mittelalterlicher Fantasy entspricht, in dem nicht alle Figuren Menschen sind und Magie tatsächlich existiert. Doch die beiden Frauen erkennen schnell, dass Magie nicht nur positive Auswirkungen hat und geraten ungewollt immer tiefer in den Strudel rund um das unterjochte Land, das schon lange auf seine Befreier wartet, die der Reiseführer ihnen schickt ... und mit Frauen rechnet dabei schon einmal gar keiner!
Dieses Buch ist eines, das man gern immer wieder liest und, wenn man es zum ersten Mal zu lesen beginnt, so rasch nicht mehr aus der Hand legt.
Zwar bleiben die Hauptpersonen in Anbetracht ihrer eher betrüblichen und schweren Schicksale ein wenig blass in dieser Hinsicht, ansonsten jedoch ist die Beschreibung grandios. Zwei Frauen, die mit beiden Beinen im Leben stehen, die sich plötzlich mit nie gekannten Problemen einer mittelalterlichen Welt auseinandersetzen müssen. Toiletten und Papier dazu gibt es hier nicht und eine Übernachtung in einer Scheune hat weniger mit frischem, duftendem Heu zu tun, als vielmehr mit Tauben- und Ziegendreck, der sich überall nieder gelassen hat. All diese Details und die langsame Gewöhnung vom Beauty-Case hin zur praktischen Veranlagung sind wundervoll ausgearbeitet.
Auch den Romantikern bietet dieses Buch eine Menge, denn Matthiall, einer der Einwohner Glenravens und zudem einer der Rebellen, der die Protagonistinnen zu unterstützen versucht und ihnen hilft, sich ihrer Bestimmung zu nähern, ist nicht ohne. Nicht nur Jay-Jay beginnt, Interesse an ihm zu bekunden, sondern auch der Leser - oder an dieser Stelle zumeist Leserin - wird rasch Sympathien für diesen Mann entwickeln.
Neben der ganzen Spannung, die sich in erster Linie um die Frage dreht, ob die unfreiwillig als Weltenretterinnen auserkorenen Frauen dieses Schicksal zu erfüllen vermögen, wirkt die sich entwickelnde Romanze jedoch an keiner Stelle unglaubwürdig aufgesetzt oder überflüssig.
Am Ende stehen wie zu Anfang auch zwei Frauen. Zwei Frauen, die in der Zeit, die sie als Urlaub ausersehen hatten, stark gewachsen sind und vieles gelernt haben. Sie nehmen vieles für sich mit und treffen Entscheidungen, die ihr künftiges Leben verändern werden. Sie sind gereift und dies macht wohl mehr als jede andere gute Nachricht ein wunderschönes Happy End aus, nicht wahr?
Wer auf Zyklen setzt und Fantasy mit allem Klimbim, der wird vielleicht von diesem Buch nicht so begeistert sein, wie ich es war. Wer aber auch seichtere Töne im Fantasy-Bereich mag und dem Märchenhaften noch etwas abzugewinnen vermag, der sollte unbedingt zugreifen, das Telefon abstellen, die Türklingel zu kleben und etwas zu trinken mit auf die Lesereise nehmen. Keine Sorge, dass Sie verhungern - der Trip ist leider viel zu rasch vorbei, weil das Buch am ehesten in einem Zug ausgelesen ist.