Oft hört man in den Nachrichten, dass die Europäische Union im Bereich der Außenpolitik mehr mit einer Stimme sprechen müsste, dass nationale Interessen zurücktreten sollten, um der EU-Politik mehr Gewicht zu verleihen.
Wie kompliziert dies sein kann und wie die Prozesse in so einem Fall genau ablaufen, untersucht Stefan Gänzle in seiner Fallstudie zur EU Außenpolitik gegenüber den baltischen Staaten und Russland.

Das Buch selbst ist in vier Teile sowie Schlussbetrachtung und Anhang unterteilt. Der erste Teil ist eine ausführliche Einleitung, die auf Fragestellungen, Begriffe und Forschungsstand eingeht. Es folgen "Terminologie und konzeptionelle Überlegungen" zur EU Außenpolitik. Teil Drei klärt über "Die Grundzüge des baltisch-russischen Verhältnisses" auf. Den Schwerpunkt der Arbeit beziehungsweise des Buches bildet mit dem Titel "Europäische Außenpolitik, die baltischen Staaten und Russland" der vierte Teil.

Bei der Arbeit handelt es sich um eine aktualisierte Version der Dissertation des Autors, was sich auch in der sehr feinen Gliederung der Arbeit widerspiegelt - so sind viele der Unterkapitel nur wenige Seiten lang. Da es kein Stichwortverzeichnis gibt, könnte das hilfreich sein und der Leser hätte so die Chance, überschaubare Texte nach für ihn interessanten Punkten zu überfliegen. Allerdings wirkt das Inhaltverzeichnis so detailliert, dass man schnell die Übersicht verliert. Dies gilt übrigens für das gesamte Buch, allerdings ist es innerhalb der Texte nicht so bedeutend, zu wissen, in welchem Kapitel beziehungsweise Unterkapitel man sich gerade befindet.
Man sollte sich auch nicht davon verwirren lassen, dass das Wort "Einleitung" mehrmals im Buch auftaucht - zwölf Mal, um genau zu sein. Zusammenfassung und Fazit gibt es dagegen nur fünf Mal.
Auch die sehr umfangreichen Fußnoten erinnern noch stark an eine akademische Arbeit, geben dem interessierten Leser aber auch gleich interessante Informationen an die Hand.

Obwohl ein Fachbuch, lassen sich die Text recht gut und flüssig lesen, allerdings sollte man konzentriert bei der Sache sein, da oft viele Informationen sehr komprimiert wiedergegeben werden.

Bedauerlich ist, dass die Arbeit trotz ihrer Aktualisierung nur bis ins Jahr 2004 reicht. So kann zwar noch auf den Zeitraum bis zum EU-Beitritt der baltischen Staaten eingegangen, jüngere Verschärfungen in den Beziehungen zu Russland können aber leider nicht mehr einbezogen werden. Trotzdem dürfte das Buch auch im Hinblick auf aktuelle Ereignisse von Interesse sein, kann man doch die besonderen Beziehungen zwischen den baltischen Staaten, Russland und der EU in einer entscheidenden Phase genauer betrachten.
Zudem bietet das Buch Einblicke in die Fragen, was europäische Außen- und Beitrittspolitik sein könnte, welche Ziele verfolgt werden können und sollten.

Ein interessantes, wenn auch sehr fachspezifisches Buch, das die Außenpolitik der EU in Bezug auf die osteuropäischen Länder betrachtet.