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Manhattan im 23. Jahrhundert: Die Stadt heißt inzwischen Haddyn. Es erscheinen zwar keine riesigen Raumkreuzer auf der Bildfläche, dafür jedoch fliegende Autos, statt Schusswaffen benutzt man Phaser und die Kluft zwischen Arm und Reich hat sich signifikat vergrößert. Fast das ganze Stadtgebiet ist zu Ghettos verkommen.
Eine Jägerin hat es bereits seit Ewigkeiten nicht mehr gegeben: Offenbar gab im 21. Jahrhundert eine apokalyptische Schlacht, in der es einer Auserwählten und ihren Freunden gelungen ist, alles Magische und Dämonische in eine andere Dimension zu verbannen. Seitdem wurde niemand mehr berufen. Die Monster sind von der Erde verschwunden.
In dieser Welt wächst Melaka Fray auf, eine zähe 19jährige, die sich ihren Lebensunterhalt als Auftragsdiebin verdient. Melaka ist eine Einzelgängerin. Von ihrer Familie ist ihr nur noch ihre ältere Schwester Erin geblieben. Das Verhältnis zwischen den beiden ist jedoch sehr gespannt, was nicht zuletzt daran liegt, dass Erin auf der anderen Seite des Gesetzes steht: Sie ist Polizistin.
Über den Tod von Melakas Zwillingsbruder Harth vor einigen Jahren sind beide nie hinweggekommen. Einzig Loo, ein verkrüppeltes Mädchen aus den Ghettos, scheint einen Platz in Mels Herz zu haben.
Dann jedoch, niemand weiß warum oder woher, tauchen die Vampire wieder auf, denen die Bewohner Haddyns die Bezeichnung
Lurks geben - und nach Jahrhunderten wird wieder eine Jägerin aktiviert: Melaka Fray.
Anders als ihre Vorgängerinnen jedoch hatte Mel nie prophetische Träume oder Visionen. Als die Stärke und Macht der Jägerin über sie hereinbrechen, ist sie vollkommen unvorbereitet. Es steht ihr auch kein Wächter zur Seite. Von einem Reich außerhalb unserer Dimension wird ihr jedoch Urkonn geschickt, ein Dämon, der die Rolle eines Wächters für sie annimmt und ihr beibringt, was es bedeutet, eine Jägerin zu sein.
Trotz einiger Anfangsschwierigkeiten fällt es Melaka leicht, sich in ihre neue Rolle einzufinden, und bald schon verbindet sie mit Urkonn eine enge Freundschaft. Dann jedoch begegnet sie dem Vampir, der für den Tod ihres Zwillingsbruder verantwortlich ist - und muss erfahren, dass Harth damals zu einem
Lurk gemacht wurde.
Seither arbeitet ihr Zwillingsbruder daran, den Dämonen wieder einen Zutritt in diese Dimension zu ermöglichen, etwas, das Mel um jeden Preis verhindern muss.
Was als Zwist zwischen Schwester und Bruder beginnt, nimmt bald Ausmaße an, die die Straßen von Haddyn in einen Kriegsschauplatz zwischen Menschen und Dämonen verwandeln, in dem niemand mehr sicher ist und in dem es für Melaka immer schwerer wird, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden
"Fray", ursprünglich eine achtteilige Comic-Miniserie, die hier nun als Sammelband vorliegt, war Joss Whedons erster Ausflug in die Comic-Welt. Die Nummer Eins erschien im Jahr 2001, als die sechste Staffel von Whedons Kult-Serie
Buffy the Vampire Slayer ausgestrahlt wurde. Obwohl die Handlung im sogenannten Buffyversum spielt, ist der Aufbau von Fray derart gestaltet, dass auch der uneingeweihte Leser sich zurecht findet und an der in sich abgeschlossenen, gut durchdachten Geschichte seinen Spaß haben kann. Zahlreiche unvorhersehbare Wendungen in der Erzählung sorgen für einige Überraschungen und steigern den Lesespaß. Die Dialoge sind pfiffig, der Ton der Serie trotz seiner Actionorientiertheit sehr düster und ernst. Bei Whedon gibt es nicht nur Gut und Böse, Helden und Dämonen: Jede Figur definiert sich durch ihre Handlungen und Motivation über schlichte Schwarz-Weiß-Malerei hinaus.
Wer Whedon durch seine TV-Serien
Buffy oder
Firefly kennt, weiß, dass der Autor nicht nur Popcornkino bietet, sondern auch philosophische Themen aufgreift. In Fray setzt er sich eindringlich mit dem Thema Krieg auseinander:
"In Wahrheit willst du keinen Krieg. Du magst Gewalt kennen. Du hast Verluste erlitten. Aber einen Krieg hast du noch nicht erleben müssen. Beim Krieg geht es nicht nur um den Tod - Krieg ist die Antithesis des Lebens."Die Geschichte, die für sich spricht, wird noch aufgewertet durch die dynamischen, detailreichen Zeichnungen des Künstlerteams Karl Moline und Andy Owens. Die Sammelausgabe der Mini-Serie im Softcover ist ebenfalls schön aufgemacht, das Preis-Leistungs-Verhältnis im Vergleich zu den ursprünglichen Einzelausgaben spricht für sich.
Für Buffy-Fans dürfte Fray außerdem gerade deshalb interessant sein, weil Joss Whedon im Rahmen der Geschichte die Gelegenheit nutzt, den Mythos und die Mystik der Jägerin und der Mächte im Buffyversum sowohl weiter auszubauen als auch näher in Augenschein zu nehmen:
Wie entstanden ursprünglich die Vampire? Was sind sie und in welchem Zusammenhang stehen sie mit den Alten, den ersten Dämonen auf dieser Welt?
Was geschieht, wenn eine potentielle Jägerin als Zwilling geboren wird und welche Auswirkungen hat es auf ihre Kräfte und ihre Bestimmung?
Im Verlauf von "Fray" gibt es nicht nur mögliche Andeutungen auf Buffys endgültiges Schicksal, auch die Umstände, wie die Erste Jägerin vor Jahrtausenden erschaffen wurde, werden hier näher beleuchtet.
Fazit:
Man muss kein Buffy-Fan sein, um diese düstere, komplexe und gut durchdachte Geschichte genießen zu können. Allerdings kann es auch nicht schaden!
Dies ist ein Achtteiler, der für sich allein stehen kann und sowohl durch seine Story als auch seine Umsetzung so überzeugt, dass er Lust auf mehr macht.