Die Erschließung des amerikanischen Kontinents ging mit der Vernichtung eines Großteils der indigenen Völker und ihrer Kultur einher. In Nordamerika verbannte man die übrig gebliebenen Indianer in Reservate, karges Niemandsland, zu dem sie keinen Bezug hatten, weil es nicht ihrem alten Stammesgebiet entsprach. Resignation, Hunger und Alkohol wurden über Generationen zu ihren ständigen Begleitern. Dies scheint sich erst in den letzten Jahren durch Eigeninitiative allmählich zu ändern.
Das Hörbuch aus dem Headroom-Verlag schildert vor allem den dramatischen Kampf der Lakota, bei den Weißen üblicherweise Sioux genannt, gegen die immer zahlreicher und gewaltsamer in ihr Gebiet vordringenden Siedler und Goldsucher. Eine zentrale Persönlichkeit in diesem Kampf ist der Häuptling Red Cloud, der als einziger Indianerhäuptling einen Sieg über eine Armee der Weißen errang und schließlich doch erkannte, dass er den Krieg nicht gewinnen und höchstens durch geschickte Verhandlungen die unvermeidliche Katastrophe für sein Volk mildern konnte. Nachdem die Weißen ihre Verträge gebrochen hatten, setzten junge Häuptlinge wie Sitting Bull noch einmal auf den Kampf, beschleunigten dadurch jedoch nur den Untergang ihres Volkes. Diese dramatische Geschichte wird im Hörbuch ausführlich dargestellt.
Die Autorin berichtet jedoch auch von ihrem Zusammentreffen mit Henry Red Cloud, dem im Pine-Ridge-Reservat lebenden Ururenkel des berühmten Häuptlings. Und so erfährt der Leser, wie es Henry Red Cloud mithilfe einiger Organisationen und vor allem mit viel Eigeninitiative gelang, eine Bisonzucht auf dem weiten Grasland des Reservats zu beginnen, ein bemerkenswertes Projekt, das mittelfristig zur Autarkie für die Reservatbewohner führen soll.

Packend stellen die Sprecher die Geschichte der Lakota dar, wie sie sich vor allem ab dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts abgespielt hat. Das gewaltige Ausmaß des Unrechts gegenüber den Indianern wird natürlich nicht in seiner Gänze erfahrbar, doch es lässt sich erahnen, und vor allem wird die zunehmende Verzweiflung spürbar, ebenso jedoch die Größe von Red Cloud, der sich schließlich sogar per verhasster Eisenbahn nach Washington begab, um mit dem Präsidenten persönlich zu sprechen.
Einschübe vermitteln interessante Einblicke in die Kultur und die religiösen Vorstellungen der Lakota, die kindgerecht in Erzählungen eingebunden sind.
Besonders spannend und berührend wirkt jedoch der Auftritt von Henry Red Cloud, der selbst - natürlich anschließend übersetzt - von seinem Großvater erzählt, dem Red Cloud noch die Grundlagen seiner Kultur vermitteln konnte, von der gegenwärtigen Situation im Reservat und seinem Bison-Projekt, das eng mit alten Hoffnungen verknüpft ist. Auch die Autorin spricht in diesem Teil des Hörbuchs bisweilen persönlich. Dadurch wirkt das Buch sehr authentisch und vermag den Hörer zu fesseln.
Die CD ist mit Musik unterlegt, die teils lediglich indianische Anklänge hat, teils original ist; Henry Red Cloud musiziert und singt auch selbst. Berichte von Schlachten und von rituellen Handlungen werden von einer entsprechenden Geräuschkulisse begleitet, die jedoch nie die Oberhand über die Texte gewinnt.
Es lohnt sich übrigens, das attraktiv gestaltete Begleitheft zu lesen, das außer vielen Fotos auch reichlich ergänzende Informationen enthält, darunter den Link zur Website des Büffel-Projekts. Auch die Hülle ist sehr ansprechend aufgemacht.
"Indianer" ist somit ein informatives, spannendes und tief anrührendes Hörbuch für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die sich für die Geschichte Nordamerikas unter dem Aspekt der Indianerkriege interessieren und auch modernen Entwicklungen aufgeschlossen gegenüberstehen. Trotz der aufwändigen, hochwertigen Verarbeitung hält sich der Preis in fairen Grenzen.