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 In die Wildnis

Allein nach Alaska

Autoren: Jon Krakauer
Übersetzer: Stephan Steeger
Verlag: Piper

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
"SOS, ich brauche Ihre Hilfe. Ich bin schwer verletzt, dem Tode nah. Ich bin zu schwach um hier wegzukommen. Ich bin ganz allein. Dies ist kein Scherz. In Gottes Namen, bitte gehen Sie nicht weg, bitte retten Sie mich. Ich bin nicht weit, gehe Beeren sammeln. Bin gegen Abend wieder da. Danke, Chris McCandless (August?)"

Einen Zettel mit dieser beunruhigenden Mitteilung findet ein junges Pärchen aus Anchorage am 6. September 1992 an einem alten Bauwagen am Stampede Creek, mitten in der Wildnis von Alaska. Es stellt sich schnell heraus, dass die alarmierende Botschaft kein Scherz ist, denn in dem Wagen wird die mittlerweile schon verweste und stark abgemagerte Leiche von Chris McCandless gefunden, einem jungen Mann von der amerikanischen Ostküste.

McCandless war zwei Jahre lang kreuz und quer durch Nordamerika getrampt und hatte allerhand Abenteuer erlebt, bis er sich im Frühling 1992 für sein letztes großes Abenteuer, das Überleben in der Wildnis, bereit machte. Ohne eine adäquate Ausrüstung, die für das Überleben in den Wäldern von Alaska notwendig gewesen wäre - in der Tat hatte McCandless kaum mehr dabei als einen 10-Pfund-Sack Reis, ein Kleinkalibergewehr, ein paar Gummistiefel und ein paar persönliche Habseligkeiten -, machte er sich auf, um sich einen jahrelangen Traum zu erfüllen. Er scheiterte letztendlich.

Die wahre Geschichte von Chris McCandless - der sich bis zum Ende nur noch "Alexander Supertramp" nannte - ging damals durch alle amerikanischen Zeitungen: Warum sollte ein junger Mann aus reichem Elternhaus, mit einem abgeschlossenen Studium und einer vielversprechenden Zukunft, eine solche Dummheit begehen? Der amerikanische Journalist Jon Krakauer recherchierte anhand von Tagebucheinträgen, Postkarten und Gesprächen mit Leuten, die McCandless in seinen letzten beiden Jahren getroffen hatte, die Beweggründe für seine Tat, zunächst für das Magazin "Outside", später aus persönlicher Faszination für ein ganzes Buch. Das Ergebnis dieser Recherche ist ein authentisches, packendes und auch verstörendes Buch, das einen Blick auf das Leben des jungen Mannes wirft und sein Handeln unter verschiedenen Gesichtspunkten zu klären versucht.

Denn Christopher Johnson McCandless, wie er mit vollem Namen hieß, war nicht bloß naiv, dumm oder respektlos gegenüber der Natur (wie ihm nach seinem Tod oft vorgeworfen wurde), immerhin hatte er weit über einhundert Tage ganz allein in der Wildnis überlebt. Er war vielmehr von starken Idealen geprägt und von dem starken Willen, ein asketisches und (in seinem Sinne) sinnvolles Leben zu führen; hin und wieder drängt sich der Verdacht auf, dass McCandless schlicht und einfach zur falschen Zeit, also im falschen Jahrhundert, geboren wurde. Mit Vorliebe verschlang er Bücher von Leo Tolstoi, Jack London und Henry David Thoreau, und ohne Übertreibung kann man sagen, dass er versuchte, seinen Lebensstil nach diesen Autoren beziehungsweise deren Romanfiguren zu richten.
Jon Krakauer nimmt den Leser in seinem Bericht schnell für sich ein, und es scheint fast unmöglich, keine Sympathien für McCandless zu entwickeln. Das Buch ist gewissermaßen eine Mischung aus Sachbuch und Erzählung. Es ist allen zu empfehlen, die eine wahre, außergewöhnliche Geschichte lesen wollen; man muss aber gleichzeitig warnen, dass dieses Buch Fernweh und widersinnigerweise Sehnsucht verursacht - ob dies an Krakauers Schreibstil oder an der Sache an sich liegt, lässt sich kaum feststellen. Die Tatsache, dass dies alles wirklich passiert ist, lässt das Buch begreiflicherweise noch mehr unter die Haut gehen.
Die letztendliche Frage - war Chris McCandless einfach dumm, naiv und gedankenlos, war er zu stürmisch und trotzig oder tat er tatsächlich etwas, wozu anderen der Mut fehlt? - muss der Leser für sich selbst beantworten. Für viele Menschen jedenfalls scheint der junge Mann, der in die Wildnis Alaskas reiste und dort den Kampf gegen sie verlor, zu einer Art Kultfigur geworden zu sein.

Alexander Supertramp starb mit 24 Jahren. Eins der letzten Fotos, die von ihm existieren, zeigt ihn vor dem Bauwagen am Stampede Trail - ein junger, sehr schlanker Mann mit einem Vollbart und einem glücklichen Lachen.

Christina Liebeck



Taschenbuch | Erschienen: 1. Februar 2002 | ISBN: 9783492227087 | Originaltitel: Into the Wild | Preis: 8,90 Euro | 302 Seiten | Sprache: Deutsch

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