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Was passiert, wenn man irgendwo ohne Fernseher und Freunde, aber mit viel Freizeit herumsitzt? Viele werden vielleicht mit Computerspielen und dem Internet ihre Zeit totschlagen, aber es soll auch Zeitgenossen geben, die dann lieber zu einem guten Buch greifen. Bloß, welches Buch ist gut? Für solche Momente im Leben gibt es ja inzwischen viele Ratgeber, die einem sagen wollen, welche Bücher man lesen sollte. Die Konzepte sind dabei sehr unterschiedlich: mal wird ganz deutlich angesprochen, dass man nun genau diese Bücher lesen muss, bevor einem das eigene Ableben an weiterer Lektüre hindert. Mal scheinen sich die Werke dem Titel nach eher an Literaturmuffel zu richten, die Partys mit Literaturliebhabern überleben müssen - und sind doch eher für Leser geschrieben, die sich über neuen Lesestoff informieren oder einfach nur in Erinnerungen an schöne Lesestunden schwelgen wollen. Genau in dieses Sparte passt "500 Romane in einem Satz" von Jürgen Neckam.
Sein Buch entstand in einer Situation, wie oben beschrieben: ein Mensch ohne Fernseher und mit wenig Freunden hat auf einmal viel Zeit zu lesen. Nur, wie behält man die beendete Lektüre? Durch eine kurze Zusammenfassung. Damit diese Beschreibung auch wirklich kurz bleibt, beschränkte sich Neckam bald auf nur drei Sätze pro Buch - und bekam die Idee, ein Literaturlexikon herauszubringen. Da Bücher in einem Satz zusammengefasst aber immer noch schlagkräftiger klingt, als in drei Sätzen, wurde noch etwas am Konzept gefeilt und das "schnellste Literaturlexikon der Welt" war geboren.
Der Titel ist hier natürlich Programm: dem Leser werden in aller Kürze 500 Romane vorgestellt. Alphabethisch nach Autoren sortiert, bekommt man deren Lebensdaten, den Titel des vorgestellten Buches und den Originaltitel, wenn es sich nicht um ein deutsches Werk handelt. Es folgt der titelgebende Satz, der den Inhalt zusammenfasst und dann noch der beste Satz, beziehungsweise die beste Stelle des Buches - damit Sie dann auf der Party vor den Literaten so richtig angeben können.
Den Inhalt auf einen Satz zu beschränken, ist mutig. Denn nicht immer will die Zusammenfassung in einem Satz gelingen. Vielmehr drohen einige der Sätze einfach zu verschachtelt und umständlich zu werden, um sie überhaupt noch richtig verstehen zu können.
Hier wären drei Sätze pro Buch vielleicht doch besser gewesen.
Ein anderes Problem ist, dass die Inhaltsbeschreibung auch häufiger mehr Betonung auf das Ende des Romans legt - was sicher nicht verwundert, wenn man in einem Satz ein ganzes Buch zusammenfassen will. Trotzdem scheint es seltsam, wenn das letzte Viertel einer Geschichte in der Inhaltsangabe bald genauso viel Raum eingeräumt wird wie dem restlichen Werk.
Die Idee, ein Buch in einem Satz zusammenzufassen, hat also Schwachstellen. Trotzdem macht es Spaß, in dem Buch zu blättern und sich die Zusammenfassungen und die besten Sätze aus den Büchern durchzulesen. Natürlich ist das alles sehr subjektiv und oft wird sich der Leser wundern, warum nun gerade dieses Buch ausgewählt wurde und ein anderes Werk desselben Autoren nicht. Hier hätte man natürlich in das Vorwort schreiben können, wie und warum man sich für die Romane in diesem Buch entschieden hat. So könnte man vermuten, dass es die 500 Bücher waren, an die der Autor während seines einsamen Tschechienaufenthaltes kam.
Trotzdem ist das Buch gelungen. Es lädt ein, es einfach mal durchzublättern und bei bestimmten Titeln hängen zu bleiben. Die Beschreibungen sind zwar nicht immer ganz gelungen, aber durch ihre Kürze herrlich unprätentiös und klingen so auch oft genug sehr ironisch, wenn nicht gar zynisch. Und zugegen, einige Romane sind eben furchtbar umständlich oder kompliziert geschrieben, da darf sich das auch gerne auf die Zusammenfassung auswirken.
Es wäre halt nur schön gewesen, etwas mehr über den Hintergrund dieser 500 Romane zu erfahren, vielleicht wären ab und zu ein paar Sätze mehr doch stilistisch besser gewesen und wenn wir schon dabei sind: auch ein Register wäre nett gewesen.
Trotzdem ein Buch, dass dazu einlädt, Literatur zu entdecken und sich an den Inhalt von bereits gelesenen Werken zu erinnern. Und natürlich können Sie das Buch auch benutzen, um sich auf die nächste Party vorzubereiten. Vielleicht treffen Sie ja doch einen Literaturliebhaber, den es zu beeindrucken gilt.