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Der Verbraucher ist verunsichert: Ein Lebensmittelskandal jagt den anderen, Hormone, Antibiotika und BSE-Erreger im Fleisch, Acrylamid in Pommes frites und Knäckebrot, Pflanzenschutzmittel in Gurken und Paprika, Gentechnik allenthalben. Welche Lebensmittel kann man eigentlich noch empfehlen? Diese Frage stellen sich nicht zuletzt Ernährungsberater, verantwortungsbewusste Köche und häufig auch Eltern.
Dass indes selbst auf lange Sicht keineswegs alles gesundheitliche Risiken birgt, was in den Medien kräftig aufgebauscht wird, zeigt der "Lebensmittelführer" aus dem Verlag Wiley-VCH ebenso auf wie die Tatsache, dass sich die Europäer vor allem mit ihrer zu fett- und kohlenhydratreichen, ballaststoffarmen Ernährung in Verbindung mit zu wenig Bewegung einen Bärendienst erweisen.
Das Buch enthält sechzehn Kapitel, deren erstes mit "Leitfaden der Lebensmittelchemie (Ernährung, Zusätze, Risiken, Kennzeichnung)" betitelt ist und auch Einsteigern und Laien verständlich erklärt, aus welchen für den Stoffwechsel relevanten Stoffen unsere Nahrung besteht, was man vor allem in industriell gefertigter Nahrung zusätzlich findet, etwa technische Hilfsstoffe, welche Risiken diese eventuell beinhalten, und welche Stoffe sich hinter den "E-Nummern" verbergen. Zudem geht es um Schadstoffe aller Art und ihre Folgen, um Gentechnik, um die Kennzeichnung von Lebensmitteln und um das Lebensmittelrecht.
Die weiteren Kapitel befassen sich detailliert und unter den verschiedensten Gesichtspunkten mit einzelnen Lebensmittelgruppen: Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte; Getreide, Backwaren und Knabbererzeugnisse; Zucker, Süßwaren, Honig; Neuartige Lebensmittel - Gentechnisch veränderte Lebensmittel - Nanotechnologie; Fertigprodukte, Fertiggerichte; Fleisch und Wurst; Fisch, Krebs-, Schalen- und Weichtiere; Eier, Milch und Käse; Fette und Feinkost; Gewürze, Aromen und Essig; Trinkwasser und Mineralwasser; Kaffee, Tee und Kakao; Säfte und Erfrischungsgetränke; Alkoholische Getränke; Lebensmittel für eine besondere Ernährung und diätetische Lebensmittel. So lauten die Kapitelüberschriften, die denn auch Programm sind. Der Anhang enthält eine Reihe von Übersichten, die sich vor allem für Menschen als interessant erweisen, die beruflich mit Lebensmitteln zu tun haben.
Der Lebensmittelführer erfüllt eine Doppelfunktion als Sachbuch und Nachschlagewerk. Alle wissenswerten Grundlagen zu Herstellung, Lagerung, Zubereitung, Zusatz- und Schadstoffbelastung, stoffwechsel- und gesundheitsrelevanten Inhaltsstoffen, Charakteristika und Erkennung von Mängeln beziehungsweise einwandfreier Qualität und, je nach Thema, weiteren Aspekten finden sich darin. Ebenso jedoch ermöglichen Tabellen und Übersichten in Textform bei Bedarf rasches und unkompliziertes Nachschlagen von benötigten Informationen in übersichtlicher Form.
Sowohl der gesundheitsbewusste Einzelne als auch Menschen, die als Köche, insbesondere in Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Heimen, oder als Ernährungsberater und in verwandten Berufen Verantwortung für andere tragen, können sich hier darüber informieren, wie sich eine ausgewogene, schadstoffarme und doch abwechslungsreiche Nahrung zusammenstellen lässt. Da zu den einzelnen Nährstoffen, Vitaminen, Mineralien und sonstigen Wertstoffen der Nahrung Übersichten des täglichen Bedarfs angegeben sind, die auf verschiedene Bevölkerungsgruppen eingehen, nämlich Säuglinge, Kinder, Jugendliche, männliche und weibliche Erwachsene, Schwangere, Stillende und Senioren, kann man Tages- oder Wochenspeisepläne problemlos und bedarfsgerecht erstellen.
Dank der zwar recht knappen, aber gut allgemeinverständlichen Erläuterungen in den sorgfältig gegliederten Kapiteln erfährt der Leser nicht nur, welche Inhaltsstoffe aus welchem Grund unverzichtbar für unser Wohlbefinden sind, sondern auch, welche Risiken einseitige Ernährung birgt. Nützlich sind auch die Übersichten über praktisch sämtliche Sorten, in denen verschiedene Lebensmittel auf den Markt kommen, etwa in Bezug auf Brot oder Fleisch. Sie informieren über Vor- und Nachteile sowie Besonderheiten dieser Sorten.
Frei von ideologischen Gesichtspunkten werden Risiken benannt, ob es um konventionelle, gentechnische oder "Öko"-Herstellung geht. Hier zeigt sich dann auch, inwiefern die medienwirksamen Skandale wirklich auf verbrauchergefährdendes Potenzial hinweisen, was keineswegs immer der Fall ist, und wo wahre Gefährdungen stecken, etwa in der mangelnden Kennzeichnungspflicht für technische Hilfsstoffe, die es "in sich haben". Auch so genannte naturbelassene Produkte können jedoch mittels einiger starker natürlicher Toxine die Gesundheit gefährden. Der Lebensmittelführer zeigt zudem auf, wie man als Konsument oder in entsprechenden Berufen durch sachgerechte Behandlung selbst Einfluss auf die Qualität von Nahrungsmitteln nehmen kann, beginnend beim Einkauf - beispielsweise von saisonal angebotener, einheimischer Ware - über optimale Lagerung bis hin zu schonender Zubereitung. Dank der Erläuterungen zur Kennzeichnungspflicht und der Zusatzstoff-Tabellen mit genaueren Erläuterung zur Identität der "E-Stoffe" kann man sich zudem ein Bild davon machen, welche Lebensmittelhersteller oder Zusatzstoffe (eine Reihe von ihnen sind, wie Lactoflavin, das mit Vitamin B2 identisch ist, oder Zitronensäure, Bestandteile des Stoffwechsels, andere hingegen vor allem bei reichlichem Verzehr durchaus nicht unbedenklich) man künftig meiden möchte.
Vor allem für unmittelbar Betroffene und jene, die für ihre Ernährung zuständig sind, dürfte das Kapitel über diätetische Lebensmittel von großem Interesse sein, das auf verschiedenste Bedürfnisse, etwa des Diabetikers oder des Sportlers, eingeht.
Der Lebensmittelführer ist ganz aktuell, was auch für die vorgestellten gesetzlichen Bestimmungen gilt, und gibt einen profunden Überblick über alles, was man bezüglich der unterschiedlichen Gruppen von Lebensmitteln wissen sollte, wenn man mit der eigenen Ernährung oder der anderer Menschen verantwortlich umgehen möchte und nach überprüfbaren Fakten sucht. Auch wenn man nur kurz eine Information nachschlagen möchte, eignet sich das Buch optimal. Auf den ersten Blick wirkt der Preis etwas hoch gegriffen, doch angesichts der sorgfältigen, umfassenden und gut verständlichen Faktenzusammenstellung ist das Werk sein Geld definitiv wert.