Dass sein Jugendbuch "Artemis Fowl" schnell zum internationalen Bestseller-Erfolg und sein Protagonist zum härtesten Konkurrenten des britischen Zaubererschülers Harry Potter werden sollte, ahnte der irische Autor Eoin Colfer bei der Veröffentlichung des Romans im Jahr 2001 noch nicht. Nur wenig später, nämlich im März 2002, erschien "Artemis Fowl" bei Puffin Books in einer herausragend gestalteten Paperback-Neuauflage.

Artemis Fowl ist zwar erst zwölf Jahre alt, seiner Verhaltensweise merkt man das allerdings nicht an. Im Gegenteil: Der Junge fühlt sich Erwachsenen ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen; denn Artemis Fowl ist hochintelligent. Bei Recherchen im Internet stößt der jüngste Spross eines alten irischen Verbrecher-Imperiums immer wieder auf Berichte und Hinweise über fantastische Erscheinungen. Doch aus den Informationen, die andere Menschen sofort als Hirngespinste oder erfundene Geschichten abstempeln würden, zieht Artemis Fowl andere Schlüsse: Er ist davon überzeugt, dass tief unter der Erde das Volk der Feen, Elfen, Zwerge, Gnome, Kobolde und Trolle - kurz: das Erdvolk - überlebt hat. Und dieses hütet - glaubt man den Geschichten - das Gold am Ende des Regenbogens. Dieses Gold ist es, an dem Artemis Fowl mehr als nur interessiert ist, denn seit sein Vater spurlos verschwunden ist, hat sich das Familienvermögen der Fowls stetig verkleinert. Als er schließlich in den Besitz des geheimen Buches der Elfen gelangt und sich in die Regeln und Verhaltensweisen der unterirdischen Bewohner eingelesen hat, beginnt Artemis Fowl damit, einen Plan auszutüfteln, wie er das Erdvolk überlisten und das Gold in seinen Besitz bringen könnte; einen zugegebenermaßen sehr gefährlichen und riskanten Plan, bei dessen Ausführung er auf die Hilfe seines Leibwächters Butler und dessen Schwester Juliet vertrauen muss. Tatsächlich gelingt es Artemis und Butler, mit Captain Holly Short eine Elfe der Lower Elements Police (LEP) während ihres "Rituals", bei welchem sie ihre magischen Kräfte auflädt, zu entführen und schließlich eine Lösegeldforderung an das Erdvolk zu übermitteln. Doch hat Artemis Fowl wirklich noch die Fäden in der Hand oder unterschätzt er seinen mächtigen und intelligenten Gegner, der sich Jahrhunderte lang versteckt halten konnte? Denn nach einem von der LEP veranlassten Zeitstopp wird Fowl Manor auf einmal von den Polizei-Einheiten des Erdvolks belagert und Artemis sieht sich grimmigen und gut ausgerüsteten Kobolden, Gnomen, Elfen und Trollen gegenüber ...

Wenn ein Jugendlicher auf irgendeine Weise in eine mittelalterlich anmutende Welt gerät, die von allerlei Fabelwesen bevölkert wird, dann ist das ein Handlungsschema, das sich auf zahlreiche fantastische Kinder- und Jugendbücher anwenden lässt. Jedoch nicht auf "Artemis Fowl". Denn "Artemis Fowl" ist anders. Eoin Colfer legt eine rasante und explosive Mischung aus Fantasy und Thriller vor, die ein kriminelles Genie mit einem hoch technologisierten Elfenvolk konfrontiert und während des Handlungsverlaufs zu einem Page-Turner erster Klasse wird. Allein diese neuartig vermischten Handlungselemente wären schon faszinierend genug, um Gefallen an "Artemis Fowl" zu finden, doch Eoin Colfer gelingt es darüber hinaus, eine ganze Palette an Charakteren und Figuren zu beschreiben und auszugestalten, die allesamt plastisch und greifbar wirken. Ob kriminalistisch veranlagter Jugendlicher, unerschütterlicher Leibwächter, geplagte Elfe, cholerischer Commander oder paranoider Zentaur - die Bandbreite an Individuen garantiert Abwechslung und Unterhaltung. Interessant daran ist aber vor allem, dass man als Leser schlussendlich für beide Seiten Sympathien empfindet, was neben der Ausgestaltung der Charaktere sicherlich auch durch beständig wechselnde Perspektiven bedingt wird. Umso erstaunlicher ist es, dass es dem Autor nichtsdestotrotz scheinbar mühelos gelingt, die atemberaubende Handlung so aufzulösen, dass der Leser mit einem rundum zufriedenen Gefühl zurückbleibt.

Fazit:
"Artemis Fowl" ist ein packender und abwechslungsreicher Fantasy-Thriller mit erfrischendem Humor, der hier in wundervoll gestalteter Aufmachung vorliegt und sich im Bücherregal als wahrer Blickfang erweist.