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 His Dark Materials, Band 1: Der Goldene Kompass

His Dark Materials 1

Serie: His Dark Materials, Band 1
Autoren: Philip Pullman
Übersetzer: Andrea Kann, Wolfram Ströle
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Pünktlich zum Kinostart der gleichnamigen Filmadaption hat Heyne den hierzulande relativ unbekannten Fantasy-Jugendroman von Philip Pullman in einer "Filmausgabe" genannten Edition neu aufgelegt. Der Roman ist der Beginn der Trilogie "His Dark Materials", deren weitere Teile ebenfalls in angeglichener Optik neu erschienen sind.

Die junge Lyra Belacqua lebt in einer Parallelwelt zu der uns bekannten Erde. Diese Welt ist unserer ganz ähnlich - und doch entschieden anders. Dort haben die Menschen ständige Begleiter in Tierform - so genannte Daemonen -, die untrennbar mit ihnen verbunden sind. Weiterhin gibt es dort allerlei illustre Lebensformen wie sprechende Kampfbären, Hexen und Gespenster. Außerdem schmiedet eine große kirchliche Institution namens Magisterium im Verborgenen mächtige Bündnisse, deren dunkle Pläne im Verlauf des Romans zumindest teilweise enthüllt werden.
Lyra weiß von all dem noch nichts. Sie lebt mit ihrem Daemon Pantalaimon als Waisenkind in einem Internat und geht dort ihren kindlichen Freuden nach. Als ihr Onkel Asriel, ein Wissenschaftler, an die Schule kommt, um mit den dortigen Forschern Gespräche zu führen, treibt Lyra die Neugier auch in das Besprechungszimmer. Als sie dort beobachtet, wie der Rektor des Internats versucht, ihren Onkel zu vergiften, ist dies nur der Beginn eines großen Abenteuers. Nachdem Asriel, vor dem Tode bewahrt, spurlos verschwindet, lernt Lyra die kühle, aber unheimlich faszinierende Mrs. Coulter kennen, die das kleine Mädchen sofort in ihren Bann schlägt. Lyra beschließt, Mrs. Coulters Assistentin zu werden und mit ihr fortzureisen. Kurz vor der Abreise gibt der Rektor Lyra in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ein seltsames Artefakt - einen goldenen Kompass, der angeblich jede beliebige Frage, die man ihm stellt, mit der Wahrheit beantworten kann. Bereits zu Beginn von Lyras Reise, noch während sie mit der Verwendung des kryptischen Geräts kämpft, zeigt Mrs. Coulter ihr wahres, finsteres Gesicht: Sie gehört zu einer geheimen Abteilung des Magisteriums, der Oblations-Behörde, vor der vor allem die Kinder große Angst haben. Die Oblations-Behörde ist, so vermuten die Kinder, für die Entführung vieler ihrer gleichaltrigen Freunde verantwortlich. Lyra flieht, doch innerhalb kürzester Zeit durchkämmen Mrs. Coulter, ihre Mitarbeiter und die Polizei jeden Winkel des Landes nach ihr. Unterschlupf findet sie bei den Gyptern, einer reisenden Volksgruppe, die ebenfalls verschwundene Kinder zu beklagen hat. Wer ist Mrs. Coulter wirklich? Warum und wohin werden die Kinder entführt? Welche Wahrheiten kann der goldene Kompass Lyra zeigen? Und was hat sie überhaupt mit alldem zu tun? Lyras Odyssee hat erst begonnen - und mit neuen Verbündeten und Pantalaimon an ihrer Seite setzt sie alles daran, ihre vermissten Freunde wiederzufinden und die vielen Rätsel zu entschlüsseln?

Freunde von abenteuerlichen Fantasygeschichten sollten diesen Roman zur Hand nehmen - und sie werden ihn sicher so schnell nicht wieder weglegen. Philip Pullman zaubert eine vertraut wirkende und zugleich eindeutig fremde Welt auf die Seiten, in der es vor Intrigen, düsteren Geheimnissen, großen Gefühlen und einprägsamen Charakteren nur so wimmelt. Auch wenn die ganze Geschichte sich fast ausschließlich auf Lyras spannende Erlebnisse konzentriert, ist sie doch keineswegs nur für Kinder geeignet. Eher im Gegenteil: Die tieferen Gedankenwelten und die hintergründige Symbolik werden die Allerjüngsten wohl kaum in ihrer ganzen Dimension erfassen. Jugendliche und Erwachsene mit Spaß an phantastischer Literatur erleben in "Der Goldene Kompass" den großartigen Auftakt zu einer Reise mit epischen Dimensionen, die von Pullmans packendem Erzählstil zu einem atemberaubenden Finale getragen wird, das freilich mehr Fragen aufwirft als beantwortet: Schließlich warten in "Das Magische Messer" und "Das Bernstein-Teleskop" weitere Abenteuer auf Lyra Belacqua. Dass die Trilogie bewusst als düstere Antwort auf "Die Chroniken von Narnia" konzipiert ist, lässt Pullman unverhohlen durchblicken. "Der Goldene Kompass" ist trotzdem nur bedingt ein religionskritischer Roman - auch wenn viele entrüstete Kommentare kirchlicher Organisationen seit der Erstveröffentlichung dies vielleicht suggerieren mögen. Tatsächlich bezieht Pullman durch die freiheitsliebende Lyra kritisch Stellung - jedoch nicht nur gegenüber der Kirche, sondern gegenüber jeder Macht, die ihre Vorstellungen den Menschen von oben aufzwingt. Der Roman ist beseelt von einem tiefen Verständnis der menschlichen Natur und einem großen Glauben an den freien Willen der Menschen, der zu ihrem Wohl oder Übel das kostbare Gut bleibt, das sie erst zu dem macht, was sie sind. All dies wird nicht direkt thematisiert und ist doch während der weiten Reise von London bis an den Nordpol unterschwellig immer präsent.
All dies macht "Der Goldene Kompass" zu einem der wenigen wirklich ausgezeichneten Fantasyromane unserer Zeit, der den Vergleich mit den Klassikern sicher nicht scheuen braucht. Philip Pullman ist ein großer Geschichtenerzähler - und es sei ihm hoch angerechnet, dass er den Trivialschrott, der in diesem Genre oft fabriziert wird, mit diesem psychologisch und atmosphärisch dichten Leseerlebnis eindeutig in seine Schranken verweist.

Fazit: Spannend, fantasievoll, packend und originell - ein Ausnahmewerk, das glücklicherweise erst der Anfang einer ganzen Trilogie ist. Zugreifen!

Marc Zeller



Taschenbuch | Erschienen: 1. Oktober 2007 | ISBN: 9783453503076 | Originaltitel: The Golden Compass (USA), Northern Lights (GB) | Preis: 9,58 Euro | 410 Seiten | Sprache: Deutsch

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