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Wie das Cover vielleicht schon vermuten läßt, ist das keine sogenannte klassische Fantasy mit Elfen, Orks und Drachen in der Hauptrolle. Es streift eher die Bereiche der Phantastik und des historischen Romans. Zumindest dieser erste Band. Die späteren Teile werden sich der klassischen Fantasy etwas annähern, was Schauplätze und Figuren angeht, jedoch auf eine sehr eigenwillige Weise.
In seiner Gesamtheit befaßt sich das Werk neben allen vordergründigen Abenteuern immer wieder mit der beunruhigenden Frage, was den Menschen eigentlich zum Menschen macht, und ob Gottes Existenz wirklich eine so wünschenswerte Sache ist.
Eine Burg in Hessen zu Beginn der 80er Jahre. Sitz einer verschrobenen Adelsfamilie, deren jüngster Sproß die fünfzehnjährige Eva ist. Mit dem Auftauchen merkwürdiger Wesen im Keller hält der Wahnsinn im Gemäuer Einzug. Eine scheinbar unendlich in die Tiefe reichende Treppe führt zurück ins Mittelalter - und noch weiter, tief in das Herz uralter Sagen, Mythen und Legenden.
"Das blaue Portal" ist der Auftakt eines abgeschlossenen, fünfteiligen Epos um eine Parallelwelt, die mit der unseren eng verbunden ist. Die geheimen Zugänge sind in der ganzen Welt verstreut, doch nur wer die Bücher ihrer Erbauer besitzt, kann sie finden.
Abenteuergeschichte, Fantasy und historischer Roman verschmelzen hier zu einem farbig-düsteren Universum, das Sie nicht mehr loslassen wird: Wenn Sie einmal in die Abgründe der Anderwelten eingetaucht sind, werden Sie dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen können.
Als mir Peter D. vom ELDUR-Verlag ein Rezibuchpaket auf die Insel schickte und ich DAS BLAUE PORTAL sah, dachte ich: AHAAA, wieder eine Fantasy-Parallelwelt, in die man durch ein Portal gelangt.
Und fühlte mich nicht sonderlich angesprochen, weil es nichts NEUES darstellte
Zu Unrecht, wie ich feststellten konnte!
Die sehr wundersame, adelige Familie von Grauenfels fristet auf der gleichnamigen Burg in Hessen ihr Dasein. Da ist das Oberhaupt Otto v.G., ein ehemaliger Maschinenbauer, er vertreibt sich mittlerweile seine Zeit mit dem Erfinden und Bauen von skurrilen Sachen, die kein Mensch braucht, sein Bruder Friedrich, der immer regelmäßiger "zu tief ins Glas schaut", seine leicht beschränkte Frau Eusebia und die pubertierende, rebellische Punk-Tochter Eva.
So weit, so gut, denke ich, immer noch nichts NEUES.
Der Autor unterhält auf mehreren Handlungsebenen, was auch grundsätzlich zu einem guten, unterhaltsamen Roman gehört. Was diesen Auftaktroman zu einem wohl fünfbändigen Zyklus jedoch unterscheidet ist der Hauptplot.
Und der grenzt sich löblich von dem Gros der Fantasyromane ab, da sich die phantastischen Elemente geschickt ins Alltagsleben der verschrobenen Adelsfamilie einweben.
Denn in wessen Weinkeller brechen schon sprechende Minipferde (mit Händen statt Hufen!) durch die Wand, hinter der dann auch noch eine Treppe schier endlos in die Tiefe führt?
Zu einem Tor in eine andere Welt.
Und schon ist man mittendrin in der interessanten Fantasywelt des Autors.
Die Mischwesen aus Mensch und Pferd sind aus der Parallelwelt "Unterhessen" entflohen, in der sie von Menschen wie Sklaven gehalten werden und einen harten Arbeitsalltag fröhnen müssen. Schnell stellen sie aber fest, daß Burg Grauenfels auch nicht gerade das erhoffte Mekka ist. Aber ein Zurück gibt es für sie nicht, wenn sie ihrer Leben sicher sein wollen.
Doch eines bewirken die liebenswerten Zwitterwesen: sie bringen endlich Abwechslung und LEBEN in die leicht angestaubte von Grauenfels-Familie.
Endlich kann Friederich wieder zeigen, daß mehr in ihm steckt als hochprozentiges Gebräu. Der ehemalige Sprachwissenschaftler identifiziert die Sprache der Pferdchen als Mittelhochdeutsch. Auch Otto, das Oberhaupt, wird aktiv und baut einen Lift, mit dem man bis unten in die Tiefe gelangen kann, ohne die schier endlose Treppe hinabsteigen zu müssen.
Und auch mit Eva geht eine Wandlung vor. Leider versäumt es der Autor jedoch gezielter darauf einzugehen, welche Gründe diese Wandlung hat. So bleibt es offen, ob es rein pubertäre Probleme sind oder das Erscheinen der "Pferde".
Was den Roman spannend und im Gros auch temporeich macht, sind die Perspektivwechsel.
Einmal wird aus der Sicht der Pferde erzählt, dann aus der Sicht Evas v.G., der aufsässigen Tochter des Familienoberhauptes, die zeitweilig in ein Internat abgeschoben wird (der einzige Plot, der in meinen Augen unstimmig und überflüssig ist), und die sich mit ihrer Familie schwertschwingenden, mittelalterlichen Soldaten Unterhessens - die den geflohenen Pferden auf der Spur sind - widersetzen muß. Diese sind zwar "nur" mit Schwertern bewaffnet, gehen aber nicht gerade zimperlich mit den Burgbewohnern und den anrückenden Polizeibeamten um.
Nicht unwesentlich ist die Handlung des Vorfahren Wilhelm v.G. aus den Anfängen des 15. Jahrhunderts, der sich auch für die "spezielle" Entstehung der Pferde verantwortlich zeigen muß. Was jedoch die Schilderungen seines Werdegangs angeht, hätte es dem Spannungsbogen gutgetan, diesen mehr zu straffen.
Schlußendlich brechen Otto, Friedrich und Eva v. G. mit Ander, einem der ehemaligen unterhessischen Soldaten zu ihrer Expedition nach Unterhessen auf und es bleibt abzuwarten, was sie dort erwartet.
Der Autor vermag es sympathische Charaktere zu schaffen. Sein Stil ist flüssig, ausgefallen und schlagfertig, wenngleich letzteres manchmal etwas"aufgesetzt" wirkt.
Somit liefert er einen soliden Fantasyroman mit kleinen Fehlern ab, der keiner Zielgruppe zugeordnet werden kann. Was ein Vor- oder ein Nachteil sein kann.
Das entscheide ein jeder Leser selbst.
Die Aufmachung ist mittelprächtig, die Ränder nicht optimal, der Satz an sich fehlerhaft: z.B. Hurenkinder, Schusterjungen und ungleiche Textblöcke . Die Fußnoten müßten auch nicht alle sein. Jeder dürfte heute wissen was eine "Kemenate" ist. Um nur ein Beispiel zu nennen.
Das Cover wirkt wenig atmosphärisch, ist aber wohl - wie immer - Geschmacksache.
Die Pseudo-Vitae des Verlages werden hier stur weitergeführt und wirken immer noch so deplaziert wie Hering in Schlagsahne. Aber das kann man ja gottlob schnell überblättern, kratzt aber ein wenig an der Seriösität und verleiht einen Hobbyverlagsflair, was bedauerlich ist.
Das Preis-Leistungsverhältnis ist dagegen für einen Kleinverlag gut! Auch die Lektoratsfehler halten sich in erträglichen Grenzen. Da kann man nicht meckern.
Wenn man sich auf einen Zyklus von fünf Bänden einlassen will, kann ich das Buch sehr wohl empfehlen!
Denn der Roman weiß definitiv auf weiten Strecken zu unterhalten. Von den Fortsetzungsromanen kann und muß man dann eine kontinuierliche Steigerung erwarten.