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Vor über 75 Jahren kam die fünfzehnjährige Grace Bradley als Dienstbotin nach Riverton Manor, nun nimmt sie den Leser mit auf eine Zeitreise in die Vergangenheit.
Ein Film soll gedreht werden über die tragischen Ereignisse, die das unbeschwerte Leben auf Riverton Manor beendeten. Doch keiner weiß so genau, was sich an dem verhängnisvollen Abend, als der junge Dichter Lord Robert Hunter in Gegenwart der beiden Schwestern Hannah und Emmeline Hartford Selbstmord beging, zutrug. Die einzige, die etwas Licht ins Dunkel bringen könnte, ist Grace, doch sie hat aus Treue zu ihrer früheren Herrin Hannah bisher ihre Rolle in dieser Tragödie verschwiegen.
Grace bewundert die drei Hartford-Geschwister: David, der große Bruder, Hannah, die Emanzipierte, die ihrer Zeit weit voraus zu sein scheint, und die Nachzüglerin Emmeline, die schon als Kind wunderschön und neugierig ist. Sie alle drei verbindet die Leidenschaft für
das Spiel. Dabei machen sie zu dritt Ausflüge in Fantasiewelten und erleben allerhand Abenteuer. Doch als David in den Ferien einen Freund aus der Uni, Robert Hunter, mit nach Hause bringt, fängt die Idylle an zu brechen, ohne dass es jemand merkt. Da Robbie da ist, können die Geschwister
das Spiel nicht spielen, da es sehr wichtig ist, dass es geheim bleibt. Zudem bricht auch noch der Zweite Weltkrieg aus, doch das ist den Bewohnern von Riverton zunächst relativ egal. Besonders Hannah ist über Robbies Anwesenheit äußerst empört und versöhnt sich erst mit ihrem Bruder, als er freiwillig an die Front zieht, gemeinsam mit Robbie.
Grace steigt von der Dienstbotin zur Zofe Hannahs auf und bekommt so noch tiefere Einblicke in ein ihr vollkommen fremdes Leben. Auch nach Hannahs Hochzeit mit dem aufstrebenden amerikanischen Politiker Teddy Luxton bleibt Grace bei ihr, auch wenn das den Verzicht auf ihre große Liebe Alfred bedeutet.
Doch Robbie spielt nach wie vor eine wichtige Rolle im Leben beider Schwestern - wie wichtig, weiß nur Grace allein. Und auch nur sie kann das Geheimnis um die Todesnacht Robbie Hunters lüften und ihre eigene Schuld zugeben
"Das geheime Spiel" ist eine wunderbare Mischung aus Familiensaga, Krimi, Liebes- und historischem Roman. Wie die Autorin Kate Morton langsam die Erzählstränge miteinander verwebt, damit das Netz des Erzählten immer enger wird und den Leser immer stärker gefangen nimmt, dabei von der Vergangenheit in die Gegenwart springt und Zeitungsausschnitte und Drehbuchteile einflicht, das zieht den Leser in seinen Sog. Auch wie die Atmosphäre langsam von einer unbeschwerten Kindheit auf dem Land zu einer Jugend in Kriegszeiten und einem Erwachsenenalter mit großen Gefahren übergeht, ist faszinierend.
Dabei beschränkt die Autorin sich keineswegs nur darauf zu erklären, wie es so weit kommen konnte. Auch das Leben der Dienstboten, ihre Freuden und Pflichten auf Riverton Manor, ihre Hoffnungen und Träume, werden beleuchtet, ebenso auch die verschiedenen Lebensentwürfe zu dieser Zeit. Einerseits der alte englische Adel, in Kontrast dazu die aufstrebenden amerikanischen Neureichen, andererseits die selbstbewusste und emanzipierte Hannah, die ständig gegen die Männervorherrschaft kämpft, und Emmeline, die unbeschwerte Schauspielerin, die Skandale verursacht und ganz damit zufrieden ist, einfach nur schön zu sein.
Außer gesellschaftlichem Leben und der Zeit des Weltkriegs wird noch eine weitere historische Entwicklung berücksichtigt: Die Emanzipation der Frau, anfangs noch dargestellt als Spinnerei eines jungen Mädchens, das schwört, niemals zu heiraten, sondern Forscherin zu werden, später eigentlich Realität, wobei das Mädchen, nun erwachsen, immer noch um ihr Recht auf Selbstbestimmung kämpfen muss.
"Das geheime Spiel" macht neugierig und nachdenklich, erfreut und erschüttert zugleich. Wie leicht hätte man den Lauf der Geschichte doch ändern können, wird sich der Leser überlegen, wie schön wäre es gewesen, wenn manche kleine Umstände, die eine Katastrophe ausgelöst haben, anders gewesen wären