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Gerade 28 Jahre alt und schon ein ambitioniertes Romanprojekt abgeschlossen: Birgit Jaeckel aus Erlangen hat sich für ihr literarisches Debüt "Die Druidin" das nicht gerade einfache Genre des historischen Romans ausgesucht. Kann sie mit ihrer Geschichte, die vor über 2000 Jahren angesiedelt ist, überzeugen?
Der Ort: Süddeutschland. Die Zeit: Das Jahr 120 vor Christus. Die junge Keltin Talia lebt als Waisenkind bei ihrer Ziehmutter Vebromara, nachdem ihr Vater sie direkt nach ihrer Geburt töten lassen wollte. In ihr wächst eine mächtige Gabe heran: Talia kann Seelen sehen, sie leiten und sogar heilen. Als sie erfährt, dass der hinterlistige Druide Ientus die göttlichen Zeichen manipulieren will, um Talia zu seiner Frau zu machen, flieht sie nach Alte-Stadt. Dort, in der größten keltischen Siedlung Süddeutschlands, verdingt sie sich als Hausmädchen bei dem einflussreichen Stammesfürsten Caran. Über ihre Vergangenheit schweigt sie - denn Caran ist ihr Vater, der vor langer Zeit ihren Tod anordnete. Als sie jedoch erfährt, dass Carans engste Verbündete und Mitglieder seiner eigenen Familie gefährliche Intrigen spinnen, um ihn seiner Macht zu berauben, gerät Talia in einen schwerwiegenden Zwiespalt: Kann sie ihre Rachegelüste und ihren Hass vergessen, um ihrem Vater das Leben zu retten? Der Entschluss, den sie fassen muss, wird nicht nur über Leben und Tod entscheiden, sondern auch über die Zukunft eines ganzen Volkes
Die Zeit der Kelten gilt geschichtlich als eine schwierige Epoche, vor allem weil handfeste archäologische Zeugnisse dieser vorrömischen Kulturen rar sind. Bis heute sind die genauen Gesellschaftsstrukturen ungeklärt und viele Bräuche rätselhaft geblieben. Dies gibt reichlich Raum für Spekulationen, den Birgit Jaeckel für die Dramaturgie von "Die Druidin" nutzen kann. Dass sie dennoch ein Maximum an historischer Authentizität in den Roman einbringt, darf aus ihrem Studium der Vor- und Frühgeschichte geschlossen werden. Das Ergebnis ist verblüffend: Dem Leser offenbart sich ein Potpourri aus historisch verbrieften Siedlungsorten, einschneidenden Ereignissen und faktischen Erkenntnissen über die Kelten, in die Jaeckel mit überraschender Leichtigkeit die fiktive Geschichte der jungen Talia einbettet.
Mit Talias Fähigkeit, die Seelen der Menschen sehen zu können, drängt sie die an sich realistische Geschichte in das Randgebiet zwischen Fantasy und historischem Roman, ohne jedoch zu sehr in Übernatürlichem zu schwelgen. Eine Liebesgeschichte gibt es - wie nicht anders zu erwarten - auch. An sich ist ein Hauch Romantik auch nichts Verkehrtes, dennoch offenbart sich gerade in diesem Bereich die vielleicht einzige Schwäche des ansonsten spannend erzählten und fein geschriebenen Romans: Leider kommt Jaeckel bei der Erzählung von Talias Liebschaft mit dem Söldner Atharic kaum über die üblichen Klischees von leidenschaftlichen Frauen, die im Angesicht von wilden, kämpferischen Männern dahin schmelzen, hinaus. Doch solche kleinen Ärgernisse sind schnell vergessen, wenn die Jungautorin am Ende mit einem gewieften Ruck die Fäden zusammenzieht und das Finale einläutet: Wortgewaltig und dramatisch lässt sie dann die Erde unter den Fußtritten von tausenden von Kriegern erzittern, deren im Kampf vergossenes Blut einst unsere heutigen Äcker und Vorgärten tränkte. Hier zeigt Jaeckel, dass sie sprachlich wie inhaltlich für die große Bühne der Unterhaltungsliteratur bereit ist und dass sie sich auf einem vielversprechenden, hoffnungsvollen Weg befindet, der - so ist ihr zu wünschen - geradewegs auf die Bestsellerlisten führt. "Die Druidin" ist ein überzeugendes Debüt, das Freunden historischer Romane hochwertige Unerhaltung bietet.
Fazit: Ein guter historischer Roman mit kleineren Schwächen, der mit einer packend und gefühlvoll erzählten Geschichte eine vergessene, höchst interessante Epoche auferstehen lässt.