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Der englische Literaturprofessor John Ronald Reuel Tolkien gehört zu den bekanntesten Schriftstellern des zwanzigsten Jahrhunderts. Seine Geschichte "Der Herr der Ringe" und das Vorgängerbuch "Der kleine Hobbit" sind seine größten Erfolge, doch er hat nicht nur diese beiden Geschichten ausgearbeitet, sondern einen ganzen Mythos um Mittelerde und seine Geschichte ins Leben gerufen. Dabei gibt es jedoch noch viele kleinere Geschichten um Mittelerde und Numenor, welche er nicht mehr veröffentlichen konnte und welche nur in handschriftlicher Form vorliegen. Sein Sohn Christopher Tolkien hat sich daran gemacht, diese Geschichten zu sammeln, zu sortieren und in Zusammenhang zu setzen. Dabei entstand unter anderem das vorliegende Buch "Nachrichten aus Mittelerde".
Das Buch beginnt im ersten Zeitalter mit Tuor und seiner Ankunft in Gondolin und der Geschichten von Turin. Diese beiden Geschichten sind schon einmal einzeln erschienen, sodass sie bereits einigen Lesern bekannt sein könnten. Danach geht es im zweiten Zeitalter weiter mit einer Beschreibung der Insel Numenor und der Geschichte von Aldarion, welcher mit Erendis verheiratet ist, aber immer wieder in dem Konflikt zwischen seiner Liebe zu Erendis und seiner Liebe zu den Weiten des Meeres steht. Dabei treiben ihn seine Reisen immer wieder nach Mittelerde, wo die dunkle Macht langsam zunimmt. Nach einer kurzen Beschreibung der Linie Elros, welche die Könige von Numenor gestellt haben geht es weiter mit der Geschichte von Galadriel und Celeborn. Dabei wird auch auf Amroth eingegangen, welcher als König von Lórien regierte. Der zweite Teil des Buches, welcher sich mit dem zweiten Zeitalter befasst endet mit fünf Anhängen. Darin wird auf die Sprache der Waldelben eingegangen, deren Fürsten, die Grenzen von Lórien, die Namen von Celeborn und Galadriel und den Hafen von Lond Daer.
Im dritten Teil des Buches, welches sich mit dem dritten Zeitalter befasst wird nach einer kurzen Geschichte über das Verhängnis auf den Schwerteilfeldern vor allem auf die Freundschaft zwischen Rohan und Gondor eingegangen. In diesem Teil bemerkt man deutlich, dass es sich immer mehr der Zeit nähert, in welcher das Buch "Der Herr der Ringe" spielt, da viele Geschichten weiter ausgeführt sind und sich mehrere Quellen heranziehen lassen. So geht es auch um die Jagd nach dem Ring und die Schlachten an den Furten des Isen.
Im vierten Teil des Buches erwarten den Leser noch einige Informationen über die Drúedain, die Istari und die Palantíri.
Auf den ersten Blick ist es etwas verwirrend, da in diesem Buch zwischen zwei Schriftgrößen mit unterschiedlichen Zeilenabständen hin und her gesprungen wird, doch mit der Zeit versteht man, dass es sich bei der Schrift mit größerem Zeilenabstand um Originaltexte von J. R. R. Tolkien handelt, während die Zwischentexte von Christopher Tolkien hinzugefügt werden. Das flüssige Lesen des Buches ist jedoch fast unmöglich, da immer und immer wieder Querverweise, Hinweise in eckiger Klammer und Einschübe des Herausgebers sehr unterbrechend wirken. Sicherlich sind gerade die Einschübe sehr wichtig, um überhaupt etwas zu verstehen, doch der Lesefluss wird dadurch sehr gebremst. So könnte man - wenn es denn um eine reale Welt ginge - eher von einem Buch der Geschichtsschreibung ausgehen als von einem Roman.
Zu jeder Geschichte findet man auch viele Anmerkungen, die man als normaler Tolkien-Fan lesen muss, da man sich nicht alle Namen behalten kann, welche im Laufe der drei Zeitalter einen erwarten und teils nur am Rande auftauchen, doch die Beschreibungen sind dabei auch nicht sonderlich hilfreich, da einen immer wieder Erklärungen erwarten alla "Sohn des ?, dessen Bruder mit der Tochter von xy verheiratet war". Problem ist nur, dass man mit den ganzen Namen später nichts mehr anfangen kann, da es einfach zu viele auf einmal sind. Eine schöne Verarbeitung (und wenn es in eckigen Klammern gesetzt wäre) in der Geschichte wäre da sehr vorteilshaft.
Doch das Buch hat natürlich nicht nur schlechte Seiten, ganz im Gegenteil eigentlich. Es ist sehr interessant für Tolkien-Fans, über die Hintergründe der einzelnen Charaktere mehr zu erfahren und ein Stück "Geschichte Mittelerdes" lesen zu können. Dabei geht Christopher Tolkien auch auf die einzelnen Widersprüche innerhalb der Erzählungen ein und zeigt die Unklarheiten auf. Damit bleibt jedem ein Stück Selbstinterpretation der Geschichte übrig, was nicht nur die Phantasie vieler Fanfiction-Schreiber anregen kann, sondern auch für den normalen Leser sehr schön sein kann. Die Gliederung in die verschiedenen Zeitalter gibt einem dabei ein gewisses Zeitgefühl für die Geschichten, die man vielleicht schon kennt, aber unter normalen Bedingungen nicht gut zuordnen konnte.
Das Buch ist sicherlich sehr interessant für alle Tolkien-Fans, die noch einmal eine Geschichte von Tolkien lesen und weiter in den Mythos um Mittelerde eindringen wollen. Dabei sollte man jedoch vorher schon mehr wissen über die Welt Tolkiens besitzen als nur die drei "Herr der Ringe"-Filme und für komplette Neulinge, die noch nie etwas von Tolkien geeignet haben, ist dieses Buch wohl eher abschreckend, als schön.