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Ein kunstvoll aufgemachter Erzählband von Markus K. Korb, dessen zentrales Thema das Grauen im Wasser ist; somit ist dieses Buch geradezu prädestiniert für einen düsteren Lesesommer am Baggersee. Eröffnet wird der Band von einem umfangreichen Vorwort des Schriftstellers Andreas Gruber, der mit seinem Buch "Das Eulentor" derzeit für Furore sorgt. Insgesamt zwölf Storys wurden den zwölf Wochen des Sommers und den drei heißen Monaten des Jahres gewidmet.
Den Anfang macht die Titelstory "Wasserscheu", in welcher ein Mann sich an ein traumatisches Erlebnis in seiner Jugend erinnert, welches die Ursache für seine Abneigung gegen das kühle Nass bildet.
"In der Unterführung" spielt gekonnt mit den Ängsten vor düsteren Orten, die man selbst am Tage nur ungern passiert und welche durch ihre Einsamkeit und Unübersichtlichkeit Unbehagen hervorrufen.
"Der Pool" erzählt von einem Mann, dessen Wasserbecken ihm heilig ist. Wen stören da schon die paar Algen? Eine Kurzgeschichte, wie Stephen King sie nicht hätte besser zu Papier bringen können.
Von dem neuen Zeitvertreib "Geo Caching", welches sich wachsender Beliebtheit erfreut, handelt die gleichnamige Geschichte der vierten Juni-Woche. Die Story ist durchwoben von einer düster-bizarren Atmosphäre und endet mit einem überraschenden und beklemmenden Knalleffekt.
Nicht weniger gruselig beginnt der Juli mit der Erzählung "Sommer-Eis", ein weiterer Beweis dafür, dass Markus Korb das Medium unheimliche Kurzgeschichte aus dem Effeff beherrscht. Der Autor berichtet hier, wie weit die Selbstjustiz führen und welch traurigen Früchte sie tragen kann.
Etwas subtiler geht es in "Die perfekte Welle" zu, einem Fall von krankhafter Obsession.
Ein Novum dieses Bandes bildet die dritte Juli-Story, geschrieben von Christine Guthann, die mit "Frau Truegers letzter Tag" die direkte Fortsetzung zu "Pool" geschrieben hat. Leider wird erwähnt, dass die Ereignisse eine Woche nach denen spielen, die in "Pool" geschildert wurden. Da beide Kurzgeschichten aber in der jeweils dritten Woche der Monate Juni und Juli spielen sollen, entgeht dem Buch ein gelungener Gag. Die Story selbst wurde eindringlich und sehr atmosphärisch geschrieben und steht den elf Erzählungen Korbs in nichts nach.
Ein wenig langatmig ist die Kurzgeschichte "Im verlassenen Capri" ausgefallen, in der ein Mann Seltsames erlebt, als er das verlassene Schwimmbad besucht, das in seiner Jugend eine wichtige Rolle spielte.
Dafür beginnt der August umso unheimlicher und spannender, denn "Der Schnitter hinter den Reihen" ist eine schaurige Mär, die gekonnt mit den Ängsten vor dem Unbekannten spielt und dabei geschickt Elemente von Stephen Kings "Kinder des Zorns" mit den "Jeepers Creepers"-Filmen verbindet.
Wenngleich sehr kurz, ist "Das Ding aus dem Weiher" eine überaus gelungene Hommage an Lovecraft und wartet mit ebenso bedrohlichen, namelosen Kreaturen auf, die in den dunkelsten Winkeln auf ihre Opfer lauern. Nicht minder grotesk und schaurig ist die Story "Wir warten im Schatten", die von Korb in bester Lovecraft-Manier aus der Ich-Perspektive geschildert wurde.
Den Abschluss des Reigens bildet "Schiffswrack", wo ein Terrorist aus dem Kadaver eines gesunkenen Schiffes eine biologische Waffe bergen will. Doch die Saat des Grauens ist bereits aufgegangen ...
Auf den Knapp 150 Seiten des Buches beweist Markus K. Korb einmal mehr sein erzählerisches Talent, das von Autoren wie Edgar Allan Poe und H. P. Lovecraft inspiriert wurde und immer noch wird. Der Großteil der Kurzgeschichten dieses Bandes sind grandiose Storys rund um den Sommer, das Wasser und den blanken Horror. Einziges Manko des Buches sind die relativ häufigen Druckfehler, manchmal fehlen sogar komplette Wörter. Zum Glück bleiben die Sätze immer sinnvoll und verständlich, so dass der Lesespaß ungetrübt bleibt. Knapp 12 Euro sind für einen derart dünnen Band natürlich reichlich viel Geld, dennoch bekommt man als Leser dafür auch wirklich gute und anspruchsvolle Geschichten geboten, zumal das Buch eine schlichtweg geniale Aufmachung besitzt, die man bei vielen großen Verlagen vermisst. Um derartige Projekte ambitionierter Kleinverlage zu unterstützen, kann man schon mal tiefer in die Tasche greifen.
Für die stimmige und kunstvolle Titelgrafik sowie die drei Innenillustrationen zeichnet sich Mark Freier verantwortlich, der seit Längerem zu den ganz großen Grafikern des Genres zählt. Obwohl das große Format des Buches eher unhandlich ist und gerade der vorliegende Titel wegen seiner geringen Seitenzahl im üblichen Taschenbuchformat besser aufgehoben gewesen wäre, kommen die Grafiken auf den größeren Seiten eindeutig besser zur Geltung.
Fazit:
Kunstvoll und atmosphärisch aufgemachter Erzählband mit zwölf schaurigen, großartig geschriebenen Kurzgeschichten, die beweisen, dass das Grauen und der Horror nicht nur in der Finsternis und der Nacht zu finden sind, sondern auch am helllichten Tag, mitten im heißesten Sommer lauern können.