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Helena Brandauer soll endlich verheiratet werden. Die hübsche Tochter des Goldschmieds Heinrich Brandauer aus Nürnberg ist jetzt schon achtzehn Jahre alt. Schön von Angesicht und mit einer guten Mitgift wird es wohl genug junge Männer geben, die sich um das junge Ding reißen. Doch die Pläne hat er ohne seine Tochter gemacht. Die ist nämlich schon längst in den Niklas verliebt, den Brandauer vor vielen Jahren bei sich aufgenommen hat. Dummerweise hat diese Verbindung auch ihre Früchte getragen. Aber statt den beiden nun in die erwünschte heirat einzuwilligen jagt er Niklas davon. Helena ist todunglücklich und wird von ihrem Vater in ein Kloster gesteckt, in dem sie ihr Kind zur Welt bringen soll. Kurz nach der Geburt wird ihr das Kind auch schon genommen und sie sieht es nie wieder. Stattdessen kehrt sie zurück in ihr Elternhaus um alsbald verheiratet zu werden. Konrad Heller ist der Kandidat, den ihr Vater für sie ausgesucht hat. Erst in ihrer Hochzeitsnacht erfährt sie, dass ihr Vater ihren Mann von ihrem Missgeschick unterrichtet hat und ihn mit einer saftigen Mitgift für die gebrauchte Frau entlohnt hatte. In dieser Nacht weint sie sich in den Schlaf. Seit jener Nacht, in der ihr Vater Niklas hinausgeworfen hat, hat sie nur noch Unglück. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass ihr Glücksbringer, ein Medaillon verziert mit Perlen, ihr seit jenem Tag abhanden gekommen ist.
An jenem Abend war noch jemand Zeuge des Streits. Anna, eine Hübschlerin, die ihren Körper für Geld verkauft, hatte Dienst bei einem der Angestellten des Hauses getan. Und als sie sich leise aus dem Haus schleichen wollte, hat sie den bösen Streit zwischen Vater und Tochter miterlebt. Das Medaillon, das sie danach im Gang fand, steckte sie ein. Das konnte vielleicht endlich ihr Weg aus dem Frauenhaus sein. Zwar bildete sie sich nicht ein, jemals einen anderen Beruf als den einer Hure auszuüben, doch wenn sie auf sich allein gestellt war konnte sie wenigstens die Bedingungen festlegen. Das Leben im Frauenhaus beim Frauenwirt war nicht schlecht, doch hin und wieder setzte es doch Schläge, zumal er einen Großteil ihres Einkommens für sich behielt. Doch das gefundene Medaillon war sicher genug wert um sich irgendwo eine eigene Unterkunft suchen zu können.
Niklas hingegen entschloss sich so schnell wie möglich aus Nürnberg zu verschwinden. Sein Meister hatte ihn aus dem Haus gejagt und seine geliebte Helena würde er wahrscheinlich nie wieder sehen. Er machte sich die größten Vorwürfe, da sie seinetwegen schwanger war und deswegen in all den Problemen steckte. Rasch findet er eine Bezahlung als Pferdeknecht für einen Handelszug. Durch seinen Fleiß und sein Wissen um Pferde behält er diese Anstellung auch so lange, bis sie ans ferne Ziel ihrer Reise gelangen. So eine schöne Stadt wie Venedig hatte er vorher noch nie gesehen. Sie erschien ihm wie ein Wunder, da sie vollkommen auf dem Wasser gebaut war. Mit seiner Ausbildung als Goldschmied bekommt er recht bald eine Anstellung in einer Werkstatt. Dort lernt er von dem alten Meister viele Handgriffe wie man Edelsteine fassen und bearbeiten kann. Aber Helena geht ihm nicht aus dem Kopf und so beschließt er ihr zu schreiben.
In Nürnberg beginnt dieser historische Roman, der von drei verschiedenen Hauptpersonen mit Leben erfüllt wird. Die junge Helena wird an einen reichen Mann verschachert, der außer Hohn und Verachtung nichts für sie übrig hat. Ihre Kinder und die Briefe von Niklas sind ihr einziger Trost. Niklas selbst erlebt die Stadt Venedig als ein großes Wunder. Auf seiner Reise über die Alpen begleitet den Zug ein Maler namens Albrecht Dürer, mit dem er sich recht bald anfreundet. Gemeinsam mit ihm lernt er die ersten Brocken Italienisch, so dass er sich recht gut verständigen kann. Eine ganz andere Seite der Welt lernt Anna kennen. Die junge Bauerstochter hat es aus Verzweiflung nach Nürnberg verschlagen. Dort wurde sie aufgegriffen und ans Frauenhaus verschachert. Mit der Zeit hat sie sich mit ihrem Gelderwerb abgefunden, träumt aber dennoch davon endlich unabhängig zu sein.
Durch drei verschiedene Blickwinkel bekommt man ein detailliertes Sittengemälde der Zeit Dürers gezeichnet. Die Straßen und Häuser erwachen zum Leben und die Vergangenheit wird vor den Augen des Lesers lebendig. Allein schon die schlichte alt angehauchte Sprache, in der die Charaktere reden vermittelt einem Authentizität. Historisch so nahe wie möglich an der Wirklichkeit vermittelt dieser Roman eine anschauliche Beschreibung des 15. Jahrhunderts.
Liebhaber historischer Romane kommen an diesem nicht vorbei. Gerade für Leser, die Nürnberg persönlich kennen ist es ein besonderes Lesevergnügen die bekannten Straßen aus einem solch vergangenen Blickwinkel betrachten zu können. Geschichte und Erzählung haben sich zu einem unterhaltenden Erlebnis vermischt.